Bildung im Vorübergehen: Neue Zusatzschilder in diesem Jahr

Beim Projekt Bildung im Vorübergehen werden in diesem Jahr weitere 9 Oldenburger Straßen mit Zusatzschilder versehen, um über die Namensgeber zu informieren.

Die folgenden Straßen sind geplant:
August-Wegmann-Straße
Carl-Wöltje-Straße
Dr.-Theodor-Görlitz-Straße
Hein-Bredendiek-Straße
Hermann-Tempel-Straße
Joseph-Bernhard-Winck-Straße
Karl-Bunje-Straße
Leo-Trepp-Straße
Theodor-Francksen-Straße

Über Spenden, um unser Projekt weiterhin durchführen zu können, würden wir uns sehr freuen. Spendenzweck: Bildung im Vorübergehen

Nähere Informationen zum Projekt finden Sie unter auf unserer Seite unter Projekte/Bildung im Vorübergehen oder hier

 

Enthüllungen für Elisabeth Frerichs und Margarte Gramberg

Bei schönstem Oktoberwetter enthüllte unser Vorsitzender Dietmar Schütz, im Rahmen des Projektes „Bildung im Vorübergehen“, im Beisein von Anliegern und Gästen an der Elisabeth-Frerichs-Straße und der Margarete-Gramberg-Straße Zusatzschilder mit Informationen über die Namensgeberinnen.

An der Elisabeth-Frerichs-Straße nahm neben einigen Anwohnern auch Wolfgang Wulf, stellv.Präsidiumsvorsitzender der AWO, an der kleinen Feier teil. In seiner Rede zeigte er Stationen aus Elisabeth Frerichs Leben auf.
Sie wurde 1883 im Harz geboren und verbrachte Ihre Schulzeit in Clausthal-Zellerfeld. Am 22. Mai 1967 verstarb sie in Oldenburg.
1903 heiratete sie und zog mit ihrem Mann nach Kiel. Dessen häufige Abwesenheit als Marineangehöriger nutzte sie zum Besuch diverser Weiterbildungen, u.a. an der Universität Jena.  1914 zog die Familie nach Wilhelmshaven. Dort knüpfte sie Kontakte zu freigeistigen Vereinen und Diskussionsforen. 1917 trat sie in die SPD ein. Im gleichen Jahr trennte sie sich von ihrem Mann.
Im Oktober 1919 wurde sie in den Bildungsausschuss der SPD  in Wilhelmshaven/Rüstringen gewählt und wurde eine der Mitbegründerinnen der Arbeiterwohlfahrt Oldenburg-Ostfriesland-Osnabrück. Sie wurde zur Vertrauensperson (Frauenreferentin) im Bezirksvorstand sowie zur ersten Bezirksvorsitzenden gewählt. Sie nahm dieses Amt bis zum Verbot der SPD und deren Organisationen durch die Nationalsozialisten im Sommer 1933 wahr. Sie war bis zur Auflösung eine von insgesamt vier weiblichen Abgeordneten im Oldenburgischen Landtag.
Nach der Machtergreifung zog sie mit ihrem zweiten Mann, Friedrich Frerichs,  nach Bohlenbergerfeld und später nach Zetel.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges gehörte Elisabeth Frerichs neben Margarete Gramberg dem Landtag von Oldenburg an. Nach Gründung des Bundeslandes Niedersachsen im März 1947 war sie Mitglied des Niedersächsischen Landtags. Sie gehörte, wie vor 1933, dem SPD-Bezirksvorstand an. 1951 zog sie nach Oldenburg und gehörte ab 1952 dem Rat der Stadt an.
Elisabeth Frerichs ist einer der wenigen exponierten Frauen, die über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus die SPD-Frauenbewegung repräsentieren. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen, u.a. das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland.
In Oldenburg wurde die Hauptgeschäftsstelle des Bezirksverbandes Weser-Ems  der AWO in Elisabeth-Frerichs-Haus umgenannt.

An der Margarete-Gramberg-Straße begrüßte Herr Schütz Anwohner und die Kreisvorsitzende der FDP, Frau Dr. Christiane Ratjen-Damerau, die den Werdegang von Margarete Gramberg schilderte.
Margarete Gramberg wurde 1895 geborgen und starb 1968 in Oldenburg. Sie war Schülerin der Cäcilienschule und später in einem Internat in London. Sie war ausgebildete Rotkreuzschwester und übte diesen Beruf einige Jahre aus. 1916 heiratete sie den Arzt Johannes Gramberg. Sie war von 1928 bis zur Auflösung 1933 Parteimitglied der Deutschen Volkspartei (DVP) und Mitglied im Stadtrat von Oldenburg. 1933 gab sie ihr Mandat auf Druck der NSDAP auf und arbeitete fortan in der Evangelischen Frauenarbeit.
1946, nach Ende des Zweiten Weltkrieges, war sie Mitbegründerin der Freien Demokratische Partei (FDP) in Oldenburg. Im Kreisverband Oldenburg-Stadt war sie stellvertretende Parteilvorsitzende. Von 1946 bis 1948 war sie Mitglied des Rates der Stadt Oldenburg. Sie war eine der Mitbegründerinnen der Frauenarbeit in Oldenburg. Ab 1955 war sie Senatorin im Verwaltungsausschuss um am 6.Mai 1955 nach der Landtagswahl zog sie in den Niedersächsischen Landtag ein. Sie gehörte ihm bis zum 5.Mai 1959 an.
Margarete Gramberg engagierte sich ab 1954 auch als Sozialrichterin, gehörte zum Vorstand der Oldenburger Bürgervereine und war sowohl auf örtlicher wie auf Landesebene in vielen kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und Frauen-Verbänden tätig.
Sie erhielt 1960 als einer der ersten Frauen der Region das Bundesverdienstkreuz 1.Klasse.

Karl-Jaspers-Straße trägt nun Zusatzschild

Eine kleine Straße im Oldenburger Norden, nahe dem Bloherfelder Anger, erinnert an Karl Jaspers (1883-1969), der im vornehmeren Dobbenviertel aufwuchs. Aber diese marginale Lage hat auch etwas Typisches für den Ehrenbürger der Stadt, der als junger Psychiater –  körperlich eingeschränkt – am Rand der Heidelberger Universitätsklinik eines der berühmtesten Bücher der Psychiatrie schrieb, die „Allgemeine Psychopathologie“ (1913), die heute noch als methodisches Standardwerk im Handel ist. Später bewies der Existenzphilosoph, dass man als akademischer Außenseiter, der sein Fach nie regelrecht studiert hatte, zu Ansehen kommen kann, als er schlagartig mit „Die geistige Situation der Zeit“ (1931) und der dreibändigen „Philosophie“ (1932) bekannt wurde. Und zuletzt. beeindruckt, dass er nach der Verdrängung von seinem Lehrstuhl mit seiner jüdischen Frau Gertrud dem Nationalsozialismus im Verborgenen trotzte und nach 1945 als politischer Philosoph nochmals anders zeigte, was ein Denken der Freiheit  vermag, das sich zuletzt historisch an Immanuel Kants Idee des Weltbürgertums orientierte, aber auch die lokale Tradition der friesischen Freiheit gerne erinnerte. Nicht umsonst war Hannah Arendt, die heute als „die“ Philosophin der Freiheit, gilt, über Jahrzehnte mit Jaspers im Gespräch. Denn: „Die Wahrheit beginnt zu zweit.“

Am 08.Juli 2021 wurde im Rahmen unseres Projektes „Bildung im Vorübergehen“ ein Zusatzschild mit Informationen zu Karl Jaspers, dem Namensgeber der Straße, enthüllt. Dietmar Schütz, Vorsitzender der Oldenburger Bürgerstiftung, begrüßte den Ehrengast Herrn Professor Matthias Bormund, Vorstand der Karl-Jaspers-Gesellschaft, sowie Anwohner der Straße. Nach der Enthüllung war bei herrlichen Wetter noch Zeit für einen Plausch bei Kaffee und Keksen.

 

Zusatzschilder für Helene Lange und Gertrud Bäumer

Im Rahmen unseres Projektes „Bildung im Vorübergehen“ haben wir zwei weitere Zusatzschilder an Straßen, die den Namen bekannter und herausragender Persönlichkeiten unserer Stadt tragen, enthüllt. Am 8. Oktober begrüßte Dietmar Schütz, Vorsitzender der Oldenburger Bürgerstiftung, zu diesem Anlass AnwohnerInnen sowie Herrn Hummerich-Ferbers und Frau Boeckmann von der Helene-Lange-Schule, Frau Beckmann vom Zentrum für Frauengeschichte und Frau Oncken vom Gleichstellungsbüro der Stadt Oldenburg an der Helene-Lange-Straße/Ecke Gertrud-Bäumer-Weg. Nach den Begrüßungsworten von Herrn Schütz kamen die Ehrengäste zu Wort und hatten Interessantes über Helene Lange und Gertrud Bäumer zu erzählen.

Helene Lange wurde am 9. April 1848 in Oldenburg geboren. Schon früh erkannte sie, dass es für Frauen keine Bildungs- und Berufschancen gab. Dennoch gelang es ihr gegen diverse Widerstände 1871 ihr Lehrerinnenexamen in Berlin zu bestehen. Durch ihre eigenen Erfahrungen bzgl. Bildung und Beruf für Frauen engagierte sie sich ab Mitte der 1880er Jahre in der bürgerlichen Frauenbewegung. Sie war im Vorstand des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins und Vorsitzende des Deutschen Lehrerinnenvereins. Im Laufe dieser Tätigkeit lernte sie Gertrud Bäumer kennen. Gertrud Bäumer wurde am 12. September 1873 in Hohenlimburg geboren Sie absolvierte das Lehrerinnenseminar in Magdeburg, unterrichtete an Volksschulen in Halberstadt, Kamen und Magdeburg. Durch ihren Kontakt mit dem Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverein lerne sie Helene Lange kennen, die Vorsitzende dieses Vereins war. Ihr Studium an der Berliner Universität in Theologie, Germanistik, Philologie und Nationalokonomie finanzierte sie sich selbst und promovierte 1904 über Goethes Satyros. 1898 erkrankte Helene Lange an einer Augenkrankheit und nahm gerne das Angebot Gertrud Bäumers an, ihre Assistentin zu werden.  Helene Lange erkannte das geistige Potenzial der jungen Gertrud Bäumer und wollte sie zu ihrer Nachfolgerin aufbauen. Rasch entstand eine enge Freundschaft, die sich zu einer Lebensgemeinschaft entwickelte, die bis zu Helene Langes Tod im Jahr 1930 währte. Beide Frauen engagierten sich auch politisch für die  Frauenbewegung in Volksparteien und gaben das Handbuch der Frauenbewegung heraus, außerdem die Zeitschrift „Die Frau“. Nach dem ersten Weltkrieg gehörte Helene Lange zu den Mitbegründerinnen der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). Helene Lange erhielt 1928 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Oldenburg. Sie starb am13.Mai 1930 in Berlin. Gertrud Bäumer sah sich in der Zeit des Nationalsozialismus zu Kompromissen veranlasst, die für die Mitstreiterinnen in der Frauenbewegung nicht tragbar waren. Im Winter 1945 floh sie nach Bamberg. Sie versuchte noch sich am Wiederaufbau der Frauenbewegung zu beteiligen, kam aber durch ihr Verhalten während des Nationalsozialismus nicht mehr zum Zuge. Sie hielt noch einige Vorträge, wurde aber durch eine Atherosklerose an weiteren öffentlichen Auftritten gehindert. Sie starb am 25. März 1954 in den Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel und ist dort auf dem Friedhof begraben. Am Grabdenkmal des Ehrengrabes des Landes Berlin für Helene Lange erinnert eine Inschrift posthum an Gertrud Bäumer.

Bild NWZ Torsten von Reeken

Hier geht es zum Artikel der NWZ vom 13.10.2020: Zusatzschild erinnert an Gertrud Bäumer