Die Stadt Oldenburg hat im Gegensatz zu vielen anderen Städten Deutschlands auf die Installation von sogenannten „Stolpersteinen“ an den letzten Wohnorten der in der NS-Zeit verfolgten ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger verzichtet. Dies geschah vor allem aus Rücksicht auf die jüdische Gemeinde in Oldenburg, die ein Betreten und Verschmutzen der in den Gehweg eingelassenen Steine ablehnt. Diese Position hat die jüdische Gemeinde nach internen Diskussionen immer aufrechterhalten und teilt sie noch heute.
München hat in der Erinnerungskultur einen eigenen Weg beschritten: An jenen Orten, an denen Menschen lebten und wirkten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden, werden seit 2018 Erinnerungszeichen auf Augenhöhe angebracht. Entworfen wurden die Erinnerungszeichen von stauss processform GmbH, Prof. Kilian Stauss. Es gibt sie in zwei Ausführungen: als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – auch Bilder.
In Oldenburg haben wir initiiert, dass ebenfalls auf die Erinnerungszeichen als Form des Gedenkens an die Opfer der NS-Verbrechen gesetzt wird. Nach unserer Kontaktaufnahme mit den zuständigen Stellen in München haben Oberbürgermeister Dieter Reiter und Oberbürgermeister Jürgen Krogmann vereinbart, die in München etablierten Erinnerungszeichen auch in Oldenburg zu installieren. Oldenburg ist damit nach München und Ingolstadt die dritte Stadt, in der Erinnerungszeichen installiert werden.
Die Erinnerungszeichen errichten wir mit der Stadt und in enger Zusammenarbeit mit Werkstattfilm. Wir werden mit Unterstützung der Oldenburger Bürgerinnen und Bürger die Anfertigung der Erinnerungszeichen finanzieren, während die Stadt die Aufstellung und Anbringung übernimmt und für den Erhalt der Erinnerungszeichen sorgt.
Wenn Sie uns bei der weiteren Umsetzung des Projekts unterstüzen möchten, freuen wir uns über jede Spende mit dem Vermerk „Erinnerungszeichen“.
Unterstützt werden wir von:
Koordinierungsstelle | Erinnerungszeichen
der Stadt München
Gefördert durch:
Für die nachstehenden Opfer wurden bereits Erinnerungszeichen initiiert
Achternstraße 10 – Hier lebte:
- Emma Cronheim
Achternstraße 33 – Hier lebte:
- Ella Seligmann
Achternstraße 38 – Hier lebte:
- Lion Bukofzer
Achternstraße 46 – Hier lebte:
- Anna Polak
- Eva Trommer
Achternstraße 48 – Hier wirkte:
- Alex Goldschmidt
Einweihung am 21.12.2023:
Achternstraße 62 – Hier lebte
- Rosa Herzberg geb. Seckel
- Gertrud Meyerstein
In Vorbereitung:
Bismarkstraße 25 – Hier lebte
- Karolina [Lina] Katz
Bremer Straße 32 – Hier lebte:
- Klara Cohen
- Philipp Cohen
- Lilli Gerson
- Georg Gerson
- Paul Gerson
- Levie Weinberg
- Bertha Behr geb. Weinberg
- Franz Reyersbach
- Gerta Lazarus
- Ilse Lazarus
- Alex Goldschmidt
- Toni Goldschmidt geb. Behrens
- Klaus Helmut Goldschmidt
- Eva Auguste Goldschmidt
In Vorbereitung:
Gottorpstraße 15a – Hier lebte:
- Norman Hesse
- Grete Margarete Hesse geb. Meyer
- Lea Hesse
- Manfred Hesse
Einweihung am 21.12.2023:
Grüne Straße 12 und 13 – Hier lebte
- Babette [Betty] Bernstein geb. de Levie
- Auguste Gertrude de Levie
- Henni Silberberg geb. Heinemann
Haarenstraße 15 – Hier wirkte in der Firma S.J. Ballin Co., Honig- und Wachshandlung
- Siegfried Samuel Weinberg
Heiligengeiststraße 30 – Hier lebte und wirkte
- Bruno Wallheimer
In Vorbereitung:
Hermann-Ehlers-Straße 3 – Hier lebte und wirkte
- Julius de Beer
- Albertine Vyth
In Vorbereitung:
Kaiserstraße 7 – Hier lebte:
- Alexander Hirschfeld
- Emma Hirschfeld geb. Auerhan
- Gertrud Grünberg geb. Sachs
- Berta Berlowitz geb. Grünberg
- Eva Abramowitsch
- Sascha Abramowitsch
Kurwickstraße 33 – Hier lebte:
- Julius Parnes
- Max Parnes
- Regina Parnes
Lange Straße 53 – Hier lebte und wirkte:
- Johanna Mayer
- Elias Mayer
- Adolf Karl Oss
- Siegfried Samuel Weinberg
In Vorbereitung:
Roggemannstraße 25 – Hier lebte:
- Siegfried Insel
- Henny Insel geb. Rosenberg
- Grete Insel
- Hermann Eduard Insel
Schüttingstraße 7 – Hier wirkte:
- Moritz Landsberg
- Walter Landsberg
- Ludwig Landsberg
- Leopold Liepmann
- Erna Liepmann
Einweihung am 21.12.2023:
Staustraße 3/4 – Hier lebte und wirkte im Spitzen- und Weißwarengeschäft
- Samuel [Sally] Ostro
- Frieda Helene Ostro geb. Mautner
In Vorbereitung:
Wilhelmstraße 30 – Hier lebte:
- Gutta Meyerhoff geb. Wieseneck
- Carla Meyerhoff
Achternstraße 10
Emma Cronheim
Emma Cronheim geb. Lichtenstein wurde am 16.08.1861 in Neuwedell geboren. Sie hatte einen Sohn, Bruno (geb. 25.11.1890). Im Februar 1920 zog sie von Naugard (Pommern) nach Oldenburg. Bis November 1937 wohnte sie in die Achternstraße 10. Von da an lebte sie an verschiedenen Orten, zuletzt in Berlin. Am 14.07.1942 wurde Emma Cronheim von Berlin in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort wurde sie am 30.09.1942 ermordet. Ihr Sohn überlebte die Shoa. Er konnte im Dezember 1937 nach England emigrieren.
Achternstraße 33
Ella Seligmann
Ella Seligmann geb. Pick wurde am 21.10.1879 in Culmsee geboren. Mit ihrem Mann Benno Seligmann (geb. 07.01.1877) hatte sie 3 Kinder. Ihr erstgeborener Sohn Ewald (geb. 13.12.1902) verstarb am 07.07.1931 in Oldenburg. Benno Seligmann verstarb nur drei Jahre später am 25.08.1934 in Oldenburg. Ihr Sohn Herbert (geb. 09.12.1905) und ihre Tochter Gerda (geb. 23.01.1923) überlebten die Shoa. Beide lebten später in Uruguay.
Ella Seligmann wohnte bis Januar 1939 in der Achternstraße 33. Anschließend lebte sie bis März 1940 in der Kurwickstraße 5. Das Haus diente als Zufluchtsort für viele jüdische Menschen, die ihre Wohnungen an anderen Orten in Oldenburg verloren hatten. Zuletzt lebte Ella Seligmann in Hamburg. Von dort wurden sie am 06.02.1941 in das Ghetto Riga deportiert und ermordet. Ihr Todesdatum ist unbekannt.
Achternstraße 38
Lion Bukofzer
Lion Bukofzer wurde am 10.12.1876 in Berlin geboren. Er zog 1904 nach Oldenburg, heiratete Elli Schulmann und führte fortan das Geschäft Fa. M. Schulmann in der Achternstraße 38. Sie wohnten auch unter der Anschrift und hatten zwei Kinder. Das Geschäft wurde schon Anfang 1936 „arisiert“. Am 18.01.1936 annoncierte die Fa. Muchelmann: „Ich habe das seit 45 Jahren bestehende Herrenbekleidungs-Geschäft der Firma M. Schulmann Oldenburg i.O. erworben und werde es als deutsches Geschäft weiterführen.“
Lion Bukofzer gehörte von 1912 bis 1930 als DDP-Mitglied dem Oldenburger Rat an. Er war also vom Kaiserreich bis fast zum Ende der Weimarer Republik über 18 Jahre Ratsherr der Stadt Oldenburg. Angesichts der turbulenten Zeiten ist dies ein Ausdruck hohen Vertrauens eines Teils der Oldenburger Wählerschaft.
Im Februar 1935 verstarb Elli Bukofzer. Lion Bukofzer zog im Mai 1935 nach Berlin. Von dort wurde er am 10.07.1942 nach Theresienstadt deportiert. Am 30.10.1944 kam er im KZ Auschwitz an, wo er umkam. Das Todesdatum ist nicht bekannt. Tochter Ilse (geb. 12.10.1907) und Sohn Manfred (geb. 27.03.1910) überlebten die Shoa.
Achternstraße 46
Eva Trommer
Anna Polak
Eva Tromer wurde am 07.11.1880 in Czernowitz (in Bukowina im Kaisertum Österreich, heute Ukraine) geboren. Von 1921 lebte sie bei ihrem Onkel Leo (Leiser) Trommer und dessen Frau Dora. Der Kaufmann Leo Trommer spendete, im Andenken an seinen verstorbenen Sohn Arthur, Geld zur Errichtung der Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof in Oldenburg, welche 1921 eingeweiht wurde. Nachdem ihr Onkel als auch ihre Tante 1934 und 1936 verstarben, zog Eva Trommer im Januar 1937 in das Haus Achternstraße 46, welches sie geerbt hatte. Im April 1940 musste sie Oldenburg verlassen. Sie lebte dann in Hamburg, bis sie am 15.07.1942 nach Theresienstadt deportiert wurde. Am 07.05.1943 wurde Eva Trommer in Theresienstadt ermordet.
Anna Polak wohnte ab 1939 in dem Haus Achternstraße 46. Sie wurde am 24.07.1907 in Westerstede geboren und war Haushälterin. Im März 1940 musste sie Oldenburg verlassen und lebte dann ebenfalls in Hamburg. Am 06.12.1941 wurde Anna Polak von Hamburg in das Ghetto Riga deportiert. Von dort wurde sie am 09.08.1944 in das KZ Stutthof transportiert, wo sie am 13.11.1944 ermordet wurde.
Achternstraße 62
Rosa Herzberg
Gertrud Meyerstein
Rosa Herzberg wurde am 26.02.1864 als Rosa Seckel in Groß Munzel bei Hannover geboren. Sie hatte sieben Geschwister.
Ihre Eltern waren Hermann Seckel und Auguste Seckel, geborene Heilbronn. Ihr Vater stammte ursprünglich aus Walsrode. In Groß Munzel war er als Lohgerber (spezielle Art des Ledergerbens mit Lohe, die aus Eichen- und Fichtenrinde gewonnen wird) und Eisenhändler tätig.
Am 06.12.1892 heiratete sie den aus Aurich stammenden Noah (Norbert) Jakob Herzberg (geboren am 23.01.1862), mit dem sie in der Achternstr. 62 in Oldenburg lebte. Dort betrieb ihr Ehemann ein Geschäft für Schlachtereibedarfsartikel und eine Darmhandlung. Zusätzlich war er als Preußischer Lotterieeinnehmer tätig. Am 07.10.1893 bekam das Ehepaar eine Tochter mit dem Namen Erna. Erna heiratete am 18. Oktober 1919 den Kaufmann Bruno Cronheim und lebte mit ihm in der Moltkestraße 6A. Am 28. Oktober 1927 verstarb Rosa Herzbergs Ehemann an einem Herzinfarkt. Rosa Herzberg führte nach seinem Tod die Preußische Lotterieannahme weiter. Am 28. Januar 1936 verstarb mit nur 42 Jahren auch ihre Tochter Erna.
Im November 1937 zog aus ihrem Heimatort Groß Munzel Gertrud Meyerstein zu ihr. Gertrud Meyerstein wurde am 19.09.1895 in Berlin geboren. Ihre Eltern waren Leopold Meyerstein und Paula Meyerstein, geborene Katz. Ihr Vater stammte ursprünglich aus Gotha, ihre Mutter wurde in Königsberg (Ostpreußen, heutiges Polen) geboren, lebte aber zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits mit ihrer Familie in Berlin, wo auch die Hochzeit stattfand. Über Gertrud Meyersteins Leben ist lediglich bekannt, dass sie einen Vormund hatte und zwar die in Berlin lebende Elsa Meyerstein geb. Büttner, vermutlich eine angeheiratete Verwandte. Nach ihrem Zuzug zu Rosa Herzberg in die Achternstr. 62 übernahm diese die Pflege von Getrud Meyerstein.
Anfang 1940 drohte den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in Oldenburg die Deportation nach Polen. Wie viele andere jüdische OldenburgerInnen verließen Rosa Herzberg und Gertrud Meyerstein deshalb im Frühjahr die Stadt. Gertrud Meyerstein ging Ende März nach Berlin, wo sie zuletzt in der Prager Str. 23 in Berlin-Wilmersdorf lebte. Rosa Herzberg wohnte vorrübergehend bei ihrem jüngeren Bruder Hugo Seckel (geboren am 11. Dezember 1866) und ihrer Schwägerin Ella Seckel in Groß Munzel. Von dort verzog sie nach Hamburg in ein Altersheim der jüdischen Interessensvertretung in der Rothenbaumchaussee 217. Zuletzt lebte sie in einem sogenannten „Judenhaus“ in der Beneckestr. 6.
Zusammen mit weiteren Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses, unter anderem dem Oldenburger Adolf Oss (s. Lange Str. 53), wurde Rosa Herzberg am 15.07.1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 29.03.1943 verstarb.
Gertrud Meyerstein wurde am 14.12.1942 von Berlin in das KZ Auschwitz deportiert. Ihr Todesdatum ist unbekannt.
Quellen:
Guttstein, Aaron: Stammbaum der Familie Seckel
Deistel Echo, Die Internetzeitung für Barsinghausen: Jusos erinnern mit der Säuberung von Stolpersteinen an die Opfer des Nationalsozialismus (veröffentlicht am 19.09.2018), https://deister-echo.de/jusos-erinnern-mit-der-saeuberung-von-stolpersteinen-an-die-opfer-des-nationalsozialismus/
Calenberger Zeitung: Geld für die Emigration kam zu spät / Stolpersteine: Historikerin Nancy Kratochwill-Gertich erinnert an die jüdische Gemeinde in Groß Munzel (veröffentlicht am 06.12.2007), http://www.hiergeblieben.de/pages/textanzeige.php?limit=10&order=datum&richtung=DESCz=2&id=17288
Arcinsys Niedersachsen Bremen: verz2660530, Signatur: NLA HA, Hann. 72 Hannover, Nr. 862, Beschreibungsmodell: Verzeichnung Titel: Seckel, Hermann Joseph, Lohgerber und 1 Eisenhändler und dessen Erben, abgerufen unter: https://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/list.action?nodeid=g130706&page=1
Erinnerungsbuch für die jüdischen NS-Opfer aus Oldenburg
Landesarchiv Berlin; Berlin, Deutschland; Personenstandsregister Heiratsregister: Leopold Meyerstein
Brüderstraße 30
Levie Weinberg
Bertha Behr geb. Weinberg
Levie Weinberg wurde am 10.05.1867 in Leer (Ostfriesl.) geboren. Er war Viehhändler und lebte von Mai 1904 bis Januar 1935 in der Brüderstraße 30. Seine Frau Amalie geb. Lenneberg erkrankte schwer und verstarb 1934. Sie hatten 7 Kinder. Der erstgeborene Sohn Alfred verstarb infolge einer Verwundung, die er sich als Soldat im Ersten Weltkreig zuzog. Die Söhne Max, Werner und Richard sowie die Töchter Elisabeth und Paula überlebten die Shoa. 1935 musste Levie Weinberg seinen Viehhandel aufgrund des Boykotts jüdischer Geschäfte schließen. Er zog mit seiner Tochter Bertha nach Bremen. Bertha heiratete am 10.01.1941 den geschiedenen Vieh- und Pferdehändler Leopold Behr, geb. 1880 in Bremen. Leopold Behr verstarb im Juni 1942. Einen Monat später, am 23.07.1942, wurden Levie Weinberg und seine nun verwitwete Tochter Bertha Behr nach Theresienstadt deportiert. Levie Weinberg verstarb dort am 28.05.1944 an Auszehrung. Wenige Tage zuvor, am 15.05.1944, war seine Tochter Bertha von Theresienstadt nach Auschwitz überstellt worden, wo sie ermordet wurde. Das Todesdatum ist nicht bekannt.
Damm 2
Franz Reyersbach
Franz Reyersbach (geb. 12.07.1880) war das erste Opfer der Nationalsozialisten in Oldenburg. Er betrieb im Hause Damm 4 eine Handlung und Fabrikation von Fahrrädern und Musikinstrumenten. Sein Wohnhaus war in der Beethovenstraße 17. Dort liegen von der Familie verlegte „Stolpersteine“. Franz Reyersbach war einer der Mitbegründer und tatkräftige Förderer der DDP in Oldenburg. Er war mit Ministerpräsident Theodor Tantzen befreundet und selbst auch ein wichtiger politischer Akteur der DDP und ein früher Kritiker der NSDAP. Er hatte bei einem Friseurbesuch kritische und korrigierende Anmerkungen zur NSDAP Position eingenommen, die er mit einer mitgehörten Sendung des BBC belegte. Dies brachte ihn schon am 28.09.1936 den Besuch einer Gestapo-Gruppe mit einem Haftbefehl wegen kommunistischer Umtriebe ein. Er verbüßte eine dreiwöchige Schutzhaftstrafe und wurde am 20.10.1936 nicht nach Hause, sondern ins KZ Sachsenhausen entlassen. Dort verstarb er nach schweren körperlichen Misshandlungen an Herz- und Kreislaufschwäche. Sein Fall war – über die jüdische Auslandsorganisation in der Schweiz – Gegenstand internationalen Aufsehens. Er war das erste ermordete Oldenburger Nazi-Opfer.
Seine Frau Grete Reyersbach geb. Weinberg (geb. 22.07.1883) zog 1936 nach Hannover. Von dort wurde sie am 15.12.1942 nach Riga deportiert und ermordet. Ihr Todesdatum ist unbekannt.
Sein Sohn Dr. jur. Ernst Reyersbach war Schüler des Alten Gymnasiums. Er wurde 1933 als Referendar aus dem Justizdienst entlassen. Er konnte 1938 in die USA emigrieren. Auch die Söhne Fritz und Hans sowie die Tochter Lotte überlebten die Shoa.
Damm 30
Gerta Lazarus
Ilse Lazarus
Gerta Lazarus, geb. Jakobs wurde am 19.03.1900 in Staplemoor (Ostfriedland) geboren. Am 16.05.1922 heiratete sie ihren Cousin den Viehhändler Samuel Lazarus, der am 13.10.1887 ebenfalls in Stapelmoor geboren wurde und seit 1920 in Oldeburg lebte. Sie betrieben eine Vieh- und Pferdehandlung am Damm 30, wo sie auch wohnten. Sie bekamen 3 Kinder. Die Söhne Jan (geb. 09.04.1923) und Claus (geb. 21.02.1925, gest. 04.12.1925) sowie die Tochter Ilse (geb. 29.08.1926). Ab den 1920er Jahren lebte auch die Schwester von Samuel Rosa Lazarus als Haushälterin mit im Haus. Und sein Bruder Paul arbeitete ab 1928 im Viehhandel mit.
Mit der Machtübernahme der Nazis begann auch für die Familie Lazarus die Entrechtung und Verfolgung. Wie andere jüdische Geschäfte und Firmen wurde sie im April 1933 auch Opfer von gezielten Boykottaktionen. Samuel Lazarus war gezwungen, sein Haus am Damm zu verkaufen, jedoch wurde der Erlös durch die Nazis einbehalten. Im März 1938 zog die Familie um in das Haus des Schwagers Jakobs in der Donnerschweer Straße 120. Ab Oktober 1938 war es Samuel nicht mehr möglich, seine Viehhandlung weiter zu betreiben, da ihm der Wandergewerbeschein entzogen wurde. Die Familie war nun auf ihre Ersparnisse angewiesen.
Während der Reichspogromnacht kamen Samuel und sein Sohn Jan in Schutzhaft. Sie kamen am folgenden Tag wieder frei. Wenige Tage später konnte Jan am 15.11.1938 mit einem Kindertransport nach England emigrieren. Samuel und Greta gingen im Mai 1940 mit ihrer taubstummen Tochter Ilse nach Hamburg. Dort lebten sie in verschiedenen Judenhäusern. Am 23. 06.1943 wurden Samuel Lazarus, seine Frau Gerta und die Tochter Ilse von Hamburg in das Ghetto Theresienstadt gebracht. Ilse wurde am 23.10.1944 zur Deportation aufgerufen. Als sie sich nochmals zu ihren Eltern umdrehte, lief ihre Mutter ihr nach. Gerta wurde zusammen mit Ilse nach Auschwitz deportiert und vermutlich wurden sie dort kurz nach der Ankunft ermordet. Samuel Lazarus blieb in Theresienstadt und wurde 1945 befreit. Er überlebte wohl zum einen, weil er im Ersten Weltkrieg ein hoch dotierter Meldereiter war und zum anderen, weil er mit List den Deportationszügen entkam. Bei der Befreiung war er halb verhungert und wog nur noch 35 Kilo. Im Herbst 1945 zog er wieder nach Oldenburg. Auch sein Sohn Jan (jetzt Jan Lawrence) kam zurück. Zusammen betrieben beide wieder einen Viehhandel und eine Schlachtviehagentur (S. Lazarus & Sohn). Seine Schwester Rosa lebte zeitweise bei ihrem Bruder Paul in den USA und bei ihm, wo sie sich wieder um den Haushalt kümmerte. Als Samuel Anfang der 1960er Jahre auf den elterlichen Hof in Stapelmoor zurückkehrte, ging auch Rosa mit ihm dorthin zurück. Am 28.11.1971 verstarb Rosa nach einer Darmkrebserkrankung in Stapelmoor. Samuel verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in einem Altersheim und starb 1982 im Alter von 95 Jahren.
Der Name Lazarus-Wiese an der Mühlenhunte gegenüber des Olantis Huntebades erinnert ebenfalls an die Familie. Diese Wiese diente ihr als Zwischenunterbringung im Viehhandel. Die Stadt hat die Wiese gekauft und dort den jetzigen Park angelegt.
Gartenstraße 34
Alex Goldschmidt
Toni Goldschmidt geb. Behrens
Eva Auguste Goldschmidt
Klaus Helmut Goldschmidt
Alex Goldschmidt wurde am 01.01.1879 in Sachsenhagen (Schaumburg-Lippe) geboren. Er wurde Textilkaufmann und zog im Jahr 1906 nach Olenburg. 1908 heiratete er die am 07.09.1887 in Bremen geborene Toni Behrens. 1911 erwarb Goldschmidt das Haus Achternstraße 48 und eröffnete dort das Textilgeschäft „Haus der Mode“. Zuerst wohnte er mit seiner Familie im Obergeschoss. Das erfolgreiche Unternehmen ermöglichte ihm schon 1919 die Gartenstraße 34 zu kaufen, wo die Familie fortan wohnte. Schon im März 1932 musste er sein Haus in der Gartenstraße verkaufen. Das Geschäft wurde nach der Progromnacht 1938 aufgegeben.
Die Goldschmidts hatten 4 Kinder. Der erstgeborenen Tochter Bertha (geb. 29.10.1909) und dem erstgeborenem Sohn Günther (geb. 17.11.1913) gelang es mit einem Visa in die USA zu emigrieren. Günther war zuvor als Flötist an mehreren Musikakademien relegiert. Zuletzt spielte er im Orchester des jüd. Kulturbundes Frankfurt und ab 1938 im jüd. Kulturbund Orchester Berlin. Sein Sohn Martin hat ihm mit dem Buch „The Inextinguishable Symphony“ (Die unauslöschliche Symphonie) ein würdiges Denkmal gesetzt. Das Buch wurde mit dem Titel „Winterreise“ mit Bruno Ganz in seiner letzten Rolle von Anders Østergaard verfilmt.
Alex Goldschmidt und sein jüngster Sohn Klaus Helmut (geb. 14.09.1921) hatten es geschafft sich im Mai 1939 zusammen mit 937 fast ausnahmslos Juden auf die St. Louis, einem Schiff der HAPAG mit dem Ziel Kuba, einzuschiffen. Kuba erklärte die Einreisedokumente nach einer Gesetzesänderung für ungültig. Nur 22 Juden durften einreisen. Auch die USA, durch Präsident Roosevelt, und Kanada verweigerten die Aufnahme, obwohl der Kapitän der St. Louis Gustav Schröder, sich vorbildlich für die Einreise einsetzte. Die „Irrfahrt der St. Louis“ endete erst, nachdem Belgien die Landung in Antwerpen gestattete. Alex und Klaus Helmut Goldschmidt flohen im Juni 1939 von Antwerpen nach Frankreich. Dort wurden sie nach Kriegsbeginn in verschiedenen Lagern interniert. Nach Rivesaltes und Les Milles deportierte man sie am 11.08.1942 ins Sammellager Drancy bei Paris. Von dort überführte man sie am 14.08.1942 nach Auschwitz, das sie am 18.08.1942 erreichten. Klaus Helmut wurde dort am 09.10.1942 ermordet. Das Todesdatum von Alex Goldschmidt bleibt unbekannt.
Toni Goldschmidt und Tochter Eva Auguste (geb. 29.06.1920) lebten ab März 1940 in Berlin. Von dort wurden sie am 19.10.1942 in das Ghetto Riga deportiert, wo sie am 22.20.1942 ankamen und ermordet wurden.
Haarenstraße 15
Siegfried Samuel Weinberg
Siegfried Samuel Weinberg wurde am 08.03.1859 in Oldenburg geboren.
Seine Eltern, Lewi Salomon Weinberg und Therese Ballin, hatten noch zwei weitere Söhne: Emil Weinberg (1857-1925) und Herrmann Weinberg (1860-1928). Sein Bruder Emil Weinberg war Landgerichtspräsident in Oldenburg.
Mit 30 Jahren heiratete Siegfried Samuel Weinberg am 08.08.1889 die vier Jahre jüngere Johanna van Buuren in ihrem Geburtsort Amsterdam. Das Ehepaar lebte in Oldenburg, wo Siegfried Samuel Weinberg Inhaber des Familienbetriebs S. J. Ballin & Co., Honig- und Wachshandlung, Produkte in der Haarenstr. 15 sowie dem Großhandel mit unedlen Metallen in der Burgstraße 24 war. Die Wohnadresse der Weinbergs war die Nordstraße 2. Siegfried Samuel und Johanna Weinberg hatten drei Kinder. Johanna Weinberg verstarb am 11.11.1927 in Oldenburg.
Während der Novemberpogrome vom 9. November bis zum 10. November 1938 wurden viele jüdische Männer in Deutschland verhaftet, vielfach misshandelt und nach kurzer Zeit wieder entlassen. Siegfried Samuel Weinberg war vom 9./10. November 1938 bis zum 11.November 1938 im Gerichtsgefängnis Oldenburg inhaftiert.
Am 25.04.1939 immigrierte Siegfried Samuel Weinberg schließlich mit seiner Tochter Erna Therese Liepmann, deren Mann Leopold Liepmann und seiner Enkeltochter Ingeborg Sophie Liepmann nach Amsterdam zu Verwandten seiner verstorbenen Frau. Siegfried Samuel Weinberg und das Ehepaar Liepmann wurden in Amsterdam verhaftet und am 04.05.1943 vom niederländischen Durchgangslager Westerbork in das Vernichtungslager Sobibór (Polen) deportiert, welches der Transport am 07.05.1943 erreichte.
Dort wurden sie vermutlich noch selben Tag ermordet.
Seine Enkeltochter entging der Verhaftung an diesem Tag und überlebte die Shoa. Sein Sohn Ernst emigrierte 1938 in die USA. Auch seine Tochter Annie überlebte die Shoa und wanderte nach 1945 in die USA aus.
Heiligengeiststraße 30
Bruno Wallheimer
Bruno Wallheimer war Inhaber des von seinem Vater gegründeten führenden Fachgeschäftes für Damenkleidung in der Heiligengeiststraße 30. Er wurde 1936 wegen „Rassenschande“ verhaftet, weil er mit einer evangelichen Frau verlobt war. Von Dezember 1936 bis September 1937 saß er in Untersuchungshaft, bis er vom Landgericht Oldenburg aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde. Freunde ermöglichten es ihm, nach dem Freispruch aus den Hintereingang des Gerichtsgebäudes mit einem Auto nach Amsterdam zu entkommen. Vor dem Haupteingang standen SA-Häscher, die ihn ins KZ einliefern wollten. Wallheimers Verlobte folgte ihm. Sie heirateten 1938 in London. Gemeinsam gingen sie nach Amsterdamm zurück, wo Wallheimer erfolgreich ein Geschäft eröffnete. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in den Niederlanden wurde Wallheimer 1942 in das KZ Mauthausen eingeliefert, wo er 1942 möglicherweise durch Freitod aufgrund von Starkstrom starb. Seine Witwe überlebte im KZ Ravensbrück und kehrte nach Oldenburg zurück. Bruno Wallheimers Textilgeschäft wurde schon während seiner Haft, sogar ohne die Eröffnung des Verfahrens abzuwarten, im Januar 1937 durch Zwangsverkauf an ein Oldenburger Konkurrenten der Textilbranche überschrieben. Die Oldenburger Nachrichten meldeten: „Damit ist auch dieses Geschäft arisch geworden.“ Seine Frau lebte isoliert und geächtet in Oldenburg. Sie musste die Schmiererei „Jude, hier wohnt deine Hure“ an ihrem Haus ertragen.
Kurwickstraße 5
Gertrud Grünberg
Berta Berlowitz geb. Grünberg
Eva Abramowitsch geb. Grünberg
Sascha Abramowitsch
Das Haus der Familie Grünberg an der Kurwickstraße 5 wurde nach 1933 Zufluchtsort von bis zu 50 jüdischen Menschen, die nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten ihre Wohnungen an anderen Orten in Oldenburg verloren. 1939 war die Kurwickstraße 5 auch Sitz der jüdischen Schule, nachdem deren Gebäude neben der Synagoge an der Peterstraße in der Reichsprogromnacht niedergebrannt wurde.
Der Kaufmann Meier Leib Grünberg war in erster Ehe mit Regina Grünberg geb. Unger verheiratet. Die ostjüdische Familie floh vor dem Ersten Weltkrieg vor Antisemitismus und Armut und lebte seit 1915 mit ihren 6 Kindern in Oldenburg. Seit 1917 lebten Sie dann in die Kurwickstraße 5. 1923 verstarb Regina Grünberg im Alter von 50 Jahren. In zweiter Ehe heiratete Meier Leib Grünberg die 1925 von Charlottenburg nach Oldenburg zugezogene kinderlose Gertrud Grünberg verw. Landsberger geb. Sachs. Sie wurde am 15.12.1874 in Kattowitz geboren und führte bis 1936 die Fa. Gertrud Grünberg (Konfektion und alte Möbel) in der Kurwickstraße 5. 4 Kinder (Abraham, Regina, Paul und Max) überlebten die Shoa. Die Tochter Eva (verh. Abramowitsch) lebte bis 1932 in Oldenburg. Sie wurde mit ihrem Mann nach Riga deportiert und später für tot erklärt. Die Tochter Berta geb. am 16.05.1896 heiratete 1919 Max Berlowitz. Die Ehe wurde später geschieden. Der 1920 geborene Sohn Gustav floh 1934 nach Nordamerika. Berta Berlowitz zog 1936 wieder in die Kurwickstraße 5. 1940 flüchtete sie nach Berlin, von wo aus sie am 13.01.1942 nach Riga deportiert wurde. Sie verstarb wie ihre Schwester in Riga. Ihr Todesdatum ist ebenfalls nicht bekannt. Meier Leib Grünberg wurde bereits am 28.10.1938 von den deutschen Behörden nach Polen abgeschoben. Über seinen weiteren Lebensweg ist nichts bekannt. Gertrud Grünberg lebte seit 1936 in Berlin. Von dort wurde Sie jedoch am 05.08.1942 nach Theresienstadt deportiert und am 18.12.1943 nach Auschwitz überführt. Das Datum ihrer Ermordung in diesem Vernichtungslager ist nicht dokumentiert.
Die Mitglieder der Familie Grünberg erhielten nie einen deutschen Pass, obwohl sie länger als 20 Jahre in Oldenburg lebten.
Kurwickstraße 33
Max Parnes
Julius Parnes
Regina Parnes
Die ostjüdische Familie Parnes, die unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg vor Antisemitismus und Armut floh, lebte seit April 1913 in der Kurwickstraße 33 in Oldenburg. Samuel Parnes (geb. 04.04.1887) und seine Frau Bertha geb. Unger (geb. 04.07.1891) eröffneten unter der Anschrift im selben Jahr ein Konfektions- und Schuhwarengeschäft. Sie hatten 5 Kinder. Die Eltern Samuel und Bertha wurden mit ihrer jüngsten Tochter Klara (geb. 25.08.1926) bereits am 28.10.1938 von den deutschen Behörden nach Polen abgeschoben. Über ihren weiteren Lebensweg ist nichts bekannt. Die Kinder Max (geb. 20.11.1910), Julius (geb. 06.01.1913), Regina (geb. 09.02.1917) und Gisela (geb. 05.12.1921) sollten ebenfalls am 28.10.1938 nach Polen abgeschoben werden. Sie besaßen jedoch keine gültigen polnischen Reisepässe und konnten auf legalem Weg nicht nach Polen überführt werden. Gisela konnte im Dezember 1938 mit einem Kindertransport nach England emigrieren. Die Vorbereitungen für eine Abschiebung der anderen Kinder waren 1939 weit vorangeschritten, der Kriegsausbruch verhinderte jedoch die Emigration nach England. Max und Julius, dessen Frau Inge geb. Cohen (geb. 26.04.1921) sowie Regina lebten ab 1940 in Bremen, nachdem alle Juden Oldenburg verlassen mussten. Am 18.11.1941 wurden Sie nach Minsk deportiert, wo sie alle am 28.07.1942 ermordet wurden.
Nordstraße 2
Siegfried Samuel Weinberg
Siegfried Samuel Weinberg wurde am 08.03.1859 in Oldenburg geboren.
Seine Eltern, Lewi Salomon Weinberg und Therese Ballin, hatten noch zwei weitere Söhne: Emil Weinberg (1857-1925) und Herrmann Weinberg (1860-1928). Sein Bruder Emil Weinberg war Landgerichtspräsident in Oldenburg.
Mit 30 Jahren heiratete Siegfried Samuel Weinberg am 08.08.1889 die vier Jahre jüngere Johanna van Buuren in ihrem Geburtsort Amsterdam. Das Ehepaar lebte in Oldenburg, wo Siegfried Samuel Weinberg Inhaber des Familienbetriebs S. J. Ballin & Co., Honig- und Wachshandlung, Produkte in der Haarenstr. 15 sowie dem Großhandel mit unedlen Metallen in der Burgstraße 24 war. Die Wohnadresse der Weinbergs war die Nordstraße 2. Siegfried Samuel und Johanna Weinberg hatten drei Kinder. Johanna Weinberg verstarb am 11.11.1927 in Oldenburg.
Während der Novemberpogrome vom 9. November bis zum 10. November 1938 wurden viele jüdische Männer in Deutschland verhaftet, vielfach misshandelt und nach kurzer Zeit wieder entlassen. Siegfried Samuel Weinberg war vom 9./10. November 1938 bis zum 11.November 1938 im Gerichtsgefängnis Oldenburg inhaftiert.
Am 25.04.1939 immigrierte Siegfried Samuel Weinberg schließlich mit seiner Tochter Erna Therese Liepmann, deren Mann Leopold Liepmann und seiner Enkeltochter Ingeborg Sophie Liepmann nach Amsterdam zu Verwandten seiner verstorbenen Frau. Siegfried Samuel Weinberg und das Ehepaar Liepmann wurden in Amsterdam verhaftet und am 04.05.1943 vom niederländischen Durchgangslager Westerbork in das Vernichtungslager Sobibór (Polen) deportiert, welches der Transport am 07.05.1943 erreichte.
Dort wurden sie vermutlich noch selben Tag ermordet.
Seine Enkeltochter entging der Verhaftung an diesem Tag und überlebte die Shoa. Sein Sohn Ernst emigrierte 1938 in die USA. Auch seine Tochter Annie überlebte die Shoa und wanderte nach 1945 in die USA aus.
Schüttingstraße 7
Moitz Landsberg
Walter Landsberg
Ludwig Landsberg
Moritz Landsberg wurde am 13.02.1856 in Oldenburg geboren. Er war Großherzoglicher Hofantiquar und Inhaber der schon 1846 in Oldenburg gegründeten Fa. S. L. Landsberg OHG, Buch- und Kunsthandlung. Mit seiner Frau Flora Landsberg geb. Cohn hatte er 5 Kinder. Flora Landsberg verstarb am 07.05.1926 im Alter von 62 Jahren. Die erstgeborenen Söhne Otto und Walter wurden ebenfalls Buchhändler und arbeiteten im Familienunternehmen mit. Die Landbergs gehörten zu den angesehensten Familien Oldenburgs. Sie waren natürlich vor allem in den kulturell interessierten Kreisen hoch angesehen. Als aufgrund des Ratsbeschlusses, keine Aufträge mehr an Juden zu vergeben, entfiel der bisher wichtigste Anlaufpunkt für den Verkauf von Karten des Oldenburger Staatstheaters. Dies hatte Auswirkungen auf das gesamte Geschäft. 1937 bestimmte der Präsident der Reichsschrifttumskammer die Schließung der Buchhandlung „weil die Landsbergs nicht die Eignung und Zuverlässigkeit zur Ausübung eines kulturvermittelnden Berufes besitzen“. Diese Verfügung zwingt Landsberg am 01.08.1937 zum Verkauf. Nchfolger wurde Heinrich Jörden aus Bremen, der sie aber schon im Juli 1938 an Rudolf Ekel weiterverkaufte.
Otto Landsberg (geb. 11.07.1891) konnte mit seiner Frau Martha 1939 nach England emigrieren, wohin die zwei gemeinsamen Kinder Ursula und Hans im Dezember 1938 durch einen Kindertransport gebracht wurden. Walter Landsberg (geb. 13.9.1892), der bis 1938 in der Schüttingstraße 7 lebte, emigrierte nach Frankreich. Am 06.02.1944 wurde er ins Sammellager Drancy deportiert. Nur wenige Tage später, am 10.02.1944 wurde er nach Auschwitz überführt, wo er umkam. Das Todesdatum ist nicht bekannt. Seine Frau Sabine geb. Schlesinger gelang 1939 die Flucht nach Palästina. Der dritte Sohn von Moritz und Flora Landsberg, Ludwig Landsberg (geb. 14.11.1893), wurde ebenfalls Buchhändler. Er zog im Juni 1919 nach Hannover. Am 19.12.1944 kam er im KZ Dachau/Außenlager Kaufering um. Kurt Landsberg (geb. 05.05.1896) war das vierte Kind. Er zog 1928 nach Saarbrücken und emigrierte 1936 nach Frankreich. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Das fünfte Kind und die einzige Tochter Anna Landsberg (geb. 17.02.1900) heiratete und zog nach Hamburg. Es wird davon ausgegangen, dass sie später in Mexiko lebte. 1940, als alle Juden Oldenburg verlassen mussten, zog Vater Moritz Landsberg im Mai nach Hamburg. Am 22.11.1940 begann er Suizid.
Schüttingstraße 20
Leopold Liepmann
Erna Liepmann
Leopold Liepmann wurde am 31.03.1876 in Bücken bei Hoya (heutiger Landkreis Nienburg/Weser) geboren und hatte drei Geschwister. Er zog am 20.04.1906 nach Oldenburg, wo er Kurz- und Wollwarenhändler war. Am 23.02.1910 heiratete er die gebürtige Oldenburgerin Erna Therese Weinberg, geboren am 11.05.1890 als älteste von drei Geschwistern. Ihre Eltern waren der Oldenburger Kauffmann Siegfried Samuel Weinberg und Johanna Weinberg, geborene van Buuren, die aus Amsterdam (Niederlande) stammte.
Leopold und Erna Liepmann zogen in die Schüttingstraße 20, wo Leopold Liepmann bis Januar 1932 Inhaber einer Kurz- und Wollwarenhandlung war. Danach arbeitete er bis zur Untersagung am 30.09.1938 als Handelsvertreter für Textilwaren.
Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Werner (geb. 17.5.1912) und Ingeborg Sophie (geb. 21.8.1920). Sohn Werner immigrierte am 19.03.1938 nach New York (USA).
Während der Novemberpogrome vom 9. November bis zum 10. November 1938 wurden viele jüdische Männer in Deutschland verhaftet, oftmals misshandelt und nach kurzer Zeit wieder entlassen. Das geschah auch mit jüdischen Männern in Oldenburg. Am 10. November wurde Leopold Liepmann in das Gerichtsgefängnis Oldenburg verbracht, von wo er am Folgetag in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert wurde. Am 22.11.1938 folgte die Entlassung. Danach, so berichtete seine Tochter 2005 im Gespräch mit der Nordwestzeitung: „sei er als gebrochener Mann zurückgekommen. Er hatte nie gedacht, dass ihm seine Landsleute so etwas antun“. 1
Mit ihrer Tochter Ingeborg sowie Ernas Vater Siegfried Weinberg (dessen Frau Johanna verstarb bereits 1927) flüchtete das Ehepaar am 14.07.1939 vor der nationalsozialistischen Bedrohung zur Großmutter von Erna nach Amsterdam.
Erna Therese Liepmann, ihr Ehemann Leopold Liepmann sowie ihr Vater Siegfried Samuel Weinberg wurden in Amsterdam verhaftet und am 04.05.1943 vom Durchgangslager Westerbork (Niederlande) in das Vernichtungslager Sobibór (Polen) deportiert, das sie am 07.05.1943 erreichten. Sie wurden vermutlich noch am selben Tag ermordet.
Ihre Tochter Ingeborg entging der Verhaftung an diesem Tag, weil sie bei der Arbeit war. Ingeborg arbeitete noch mehrere Monate, getarnt als Niederländerin, beim Flugzeughersteller Fokker. Schließlich wurde sie doch noch inhaftiert und am 25.02.1944 von Westerbork nach Theresienstadt deportiert. Sie überlebte den Krieg und immigrierte wie ihr Bruder in die USA. Sie änderte ihren Name in Ingrid, da Ingeborg den Behörden zu schwedisch klang.
1 Oldenburgerin überlebte Auschwitz. Artikel in der Nordwestzeitung vom 27.01.2005. https://www.nwzonline.de/wirtschaft/oldenburg-gedenken-oldenburgerin-ueberlebte-auschwitz_a_6,1,4249861878.html.
Quellen:
Erinnerungsbuch für die jüdischen NS-Opfer aus Oldenburg
Oldenburgerin überlebte Auschwitz (nwzonline.de), Artikel vom 27.01.2005/ Interview mit Ingrid Heimann (Namensänderung in den USA, geborene Ingeborg Sophie Liepmann)
Schmidt, Heinrich: Oldenburger Jahrbuch 70. Band/ 1971 (Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur- und Heimatkunde Oldenburg (Oldb)) erschienen 1973, S. 45
Staustraße 3/4
Samuel Ostro
Frieda Ostro
Samuel „Sally“ Ostro wurde am 30.03.1876 in Sedziszow (Westgalizien, heutiges Polen) geboren. Er hatte drei ältere Geschwister. Alle Kinder der Familie verließen Westgalizien, um nach Norddeutschland auszuwandern. Nachdem Samuel „Sally“ Ostro zunächst in Oldenburg lebte, zog er für eine kurze Zeit nach Bremerhaven. Dort wurde er am 04.12.1905 eingebürgert. Im Sommer 1906 heiratete er Frieda Helene Ostro in deren Heimatdorf Neddenaverbergen bei Verden. Frieda Helene Ostro wurde am 07.07.1881 als Frieda Helene Mautner geboren und hatte vier Geschwister.
Es ist unbekannt wann genau das Ehepaar Ostro Neddenaverbergen verließ und nach Oldenburg zog. 1914 eröffnete Samuel „Sally“ Ostro jedoch ein Geschäft für Weißwaren und Spitzen in der Staustraße 20. 1919 kaufte er die Immobilie in der Staustraße 3/4. Das Ehepaar nutzte das Obergeschoss als Wohnraum. Im Untergeschoss befanden sich die Geschäftsräume.
1932 verkaufte Samuel „Sally“ Ostro das Geschäft. Die Immobilie blieb aber in seinem Besitz, so dass das Ehepaar Ostro weiterhin im Obergeschoss wohnen und von den Mieteinnahmen leben konnte.
Aufgrund von antijüdischen Repressalien musste Samuel „Sally“ Ostro das Haus in der Staustraße 3/4 im Dezember 1938 verkaufen. Über den Hauserlös konnte er nicht frei verfügen, da dieser auf einem Sperrkonto lag. Ausgaben, die über einen kleinen Freibetrag hinausgingen, mussten bei der Oberfinanzdirektion Weser-Ems erbeten werden.
Obdachlos geworden, zog das Ehepaar Ostro im Mai 1938 in ein Haus in der Straußstraße 17, das Frieda Helene Ostros Geschwistern, Adolf und Amalie Mautner (am 17.11.1941 in das Ghetto Minsk deportiert und dort ermordet), gehörte und von Samuel „Sally“ Ostro schon seit 1930 verwaltet wurde. Das Haus füllte sich, als im März 1939 die jüdische Familie Goldschmidt mit fünf Personen einzog und ab dem 19.12.1939 die jüdische Volksschule mit zwölf verbliebenen Schülerinnen und Schülern dort untergebracht war. Die Schule wurde im April 1940 aufgelöst. Die letzten Mitglieder der Familie Goldschmidt waren bereits im März ausgezogen. Nun verließen auch die Ostros Oldenburg und zogen nach Bremen, wo sie im sogenannten „Judenhaus“ in der Feldstraße 27 leben mussten.
Am 23.07.1942 wurden Frieda Helene Ostro und Samuel „Sally“ Ostro im Konzentrationslager Theresienstadt interniert. Nur zwei Monate später, am 26.09.1942, wurden sie von dort in das Vernichtungslager Treblinka (Polen) deportiert und vermutlich in den folgenden Tagen ermordet. Ihr genaues Todesdatum ist unbekannt.
Quellen:
Einwohnerbuch der Stadt Oldenburg für 1931, II. Teil aus Einwohnerbuch der Stadt Oldenburg für 1931. Oldenburg: Rudolf Schwartz, 1931
Einnerungsbuch für die jüdischen NS-Opfer aus Oldenburg
STOLPERSTEINE BREMEN: Stolperstein für Frieda Ostro, geborene Mautner, abgerufen unter http://www.stolpersteine-bremen.de/detail.php?id=151
Zeitungsartikel „Stolpersteine der Geschwister Mautner glänzen wieder in Neddenaverbergen“ erschienen am 26.03.2021 in Kreiszeitung.de, abgerufen unter https://www.kreiszeitung.de/lokales/verden/kirchlinteln-ort60492/damit-niemand-ihre-namen-vergisst-90263467.html
Die MAUS Gesellschaft für Familienforschung/ Dr. Klaus Tietje: Berufsverzeichnis OFB Wittlohe, Nummer 5130/ Ludwig Mautner (2018), abgerufen auf http://die-maus-bremen.info/fileadmin/db_query/ofb/wittlohe/ausgabe/vf1_occu.html
Quellen der Bilder von den ehemaligen judischen Mitbürgerinnen und Mitbürger: Stadtarchiv Oldenburg, Oldenburger Medienarchiv bzw. Oldenburger Stadtmuseum
Quellen Stelentexte: Erinnerungsbuch – Ein Verzeichnis der von der nationalsozialistischen Judenverfolgung betroffenen Einwohner der Stadt Oldenburg 1933 – 1945; Bundesarchiv
Informationen über die Erinnerungszeichen in München finden Sie unter www.erinnerungszeichen.de