Enthüllungen für Elisabeth Frerichs und Margarte Gramberg

Bei schönstem Oktoberwetter enthüllte unser Vorsitzender Dietmar Schütz, im Rahmen des Projektes „Bildung im Vorübergehen“, im Beisein von Anliegern und Gästen an der Elisabeth-Frerichs-Straße und der Margarete-Gramberg-Straße Zusatzschilder mit Informationen über die Namensgeberinnen.

An der Elisabeth-Frerichs-Straße nahm neben einigen Anwohnern auch Wolfgang Wulf, stellv.Präsidiumsvorsitzender der AWO, an der kleinen Feier teil. In seiner Rede zeigte er Stationen aus Elisabeth Frerichs Leben auf.
Sie wurde 1883 im Harz geboren und verbrachte Ihre Schulzeit in Clausthal-Zellerfeld. Am 22. Mai 1967 verstarb sie in Oldenburg.
1903 heiratete sie und zog mit ihrem Mann nach Kiel. Dessen häufige Abwesenheit als Marineangehöriger nutzte sie zum Besuch diverser Weiterbildungen, u.a. an der Universität Jena.  1914 zog die Familie nach Wilhelmshaven. Dort knüpfte sie Kontakte zu freigeistigen Vereinen und Diskussionsforen. 1917 trat sie in die SPD ein. Im gleichen Jahr trennte sie sich von ihrem Mann.
Im Oktober 1919 wurde sie in den Bildungsausschuss der SPD  in Wilhelmshaven/Rüstringen gewählt und wurde eine der Mitbegründerinnen der Arbeiterwohlfahrt Oldenburg-Ostfriesland-Osnabrück. Sie wurde zur Vertrauensperson (Frauenreferentin) im Bezirksvorstand sowie zur ersten Bezirksvorsitzenden gewählt. Sie nahm dieses Amt bis zum Verbot der SPD und deren Organisationen durch die Nationalsozialisten im Sommer 1933 wahr. Sie war bis zur Auflösung eine von insgesamt vier weiblichen Abgeordneten im Oldenburgischen Landtag.
Nach der Machtergreifung zog sie mit ihrem zweiten Mann, Friedrich Frerichs,  nach Bohlenbergerfeld und später nach Zetel.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges gehörte Elisabeth Frerichs neben Margarete Gramberg dem Landtag von Oldenburg an. Nach Gründung des Bundeslandes Niedersachsen im März 1947 war sie Mitglied des Niedersächsischen Landtags. Sie gehörte, wie vor 1933, dem SPD-Bezirksvorstand an. 1951 zog sie nach Oldenburg und gehörte ab 1952 dem Rat der Stadt an.
Elisabeth Frerichs ist einer der wenigen exponierten Frauen, die über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus die SPD-Frauenbewegung repräsentieren. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen, u.a. das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland.
In Oldenburg wurde die Hauptgeschäftsstelle des Bezirksverbandes Weser-Ems  der AWO in Elisabeth-Frerichs-Haus umgenannt.

An der Margarete-Gramberg-Straße begrüßte Herr Schütz Anwohner und die Kreisvorsitzende der FDP, Frau Dr. Christiane Ratjen-Damerau, die den Werdegang von Margarete Gramberg schilderte.
Margarete Gramberg wurde 1895 geborgen und starb 1968 in Oldenburg. Sie war Schülerin der Cäcilienschule und später in einem Internat in London. Sie war ausgebildete Rotkreuzschwester und übte diesen Beruf einige Jahre aus. 1916 heiratete sie den Arzt Johannes Gramberg. Sie war von 1928 bis zur Auflösung 1933 Parteimitglied der Deutschen Volkspartei (DVP) und Mitglied im Stadtrat von Oldenburg. 1933 gab sie ihr Mandat auf Druck der NSDAP auf und arbeitete fortan in der Evangelischen Frauenarbeit.
1946, nach Ende des Zweiten Weltkrieges, war sie Mitbegründerin der Freien Demokratische Partei (FDP) in Oldenburg. Im Kreisverband Oldenburg-Stadt war sie stellvertretende Parteilvorsitzende. Von 1946 bis 1948 war sie Mitglied des Rates der Stadt Oldenburg. Sie war eine der Mitbegründerinnen der Frauenarbeit in Oldenburg. Ab 1955 war sie Senatorin im Verwaltungsausschuss um am 6.Mai 1955 nach der Landtagswahl zog sie in den Niedersächsischen Landtag ein. Sie gehörte ihm bis zum 5.Mai 1959 an.
Margarete Gramberg engagierte sich ab 1954 auch als Sozialrichterin, gehörte zum Vorstand der Oldenburger Bürgervereine und war sowohl auf örtlicher wie auf Landesebene in vielen kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und Frauen-Verbänden tätig.
Sie erhielt 1960 als einer der ersten Frauen der Region das Bundesverdienstkreuz 1.Klasse.

Karl-Jaspers-Straße trägt nun Zusatzschild

Eine kleine Straße im Oldenburger Norden, nahe dem Bloherfelder Anger, erinnert an Karl Jaspers (1883-1969), der im vornehmeren Dobbenviertel aufwuchs. Aber diese marginale Lage hat auch etwas Typisches für den Ehrenbürger der Stadt, der als junger Psychiater –  körperlich eingeschränkt – am Rand der Heidelberger Universitätsklinik eines der berühmtesten Bücher der Psychiatrie schrieb, die „Allgemeine Psychopathologie“ (1913), die heute noch als methodisches Standardwerk im Handel ist. Später bewies der Existenzphilosoph, dass man als akademischer Außenseiter, der sein Fach nie regelrecht studiert hatte, zu Ansehen kommen kann, als er schlagartig mit „Die geistige Situation der Zeit“ (1931) und der dreibändigen „Philosophie“ (1932) bekannt wurde. Und zuletzt. beeindruckt, dass er nach der Verdrängung von seinem Lehrstuhl mit seiner jüdischen Frau Gertrud dem Nationalsozialismus im Verborgenen trotzte und nach 1945 als politischer Philosoph nochmals anders zeigte, was ein Denken der Freiheit  vermag, das sich zuletzt historisch an Immanuel Kants Idee des Weltbürgertums orientierte, aber auch die lokale Tradition der friesischen Freiheit gerne erinnerte. Nicht umsonst war Hannah Arendt, die heute als „die“ Philosophin der Freiheit, gilt, über Jahrzehnte mit Jaspers im Gespräch. Denn: „Die Wahrheit beginnt zu zweit.“

Am 08.Juli 2021 wurde im Rahmen unseres Projektes „Bildung im Vorübergehen“ ein Zusatzschild mit Informationen zu Karl Jaspers, dem Namensgeber der Straße, enthüllt. Dietmar Schütz, Vorsitzender der Oldenburger Bürgerstiftung, begrüßte den Ehrengast Herrn Professor Matthias Bormund, Vorstand der Karl-Jaspers-Gesellschaft, sowie Anwohner der Straße. Nach der Enthüllung war bei herrlichen Wetter noch Zeit für einen Plausch bei Kaffee und Keksen.

 

Zusatzschilder für Helene Lange und Gertrud Bäumer

Im Rahmen unseres Projektes „Bildung im Vorübergehen“ haben wir zwei weitere Zusatzschilder an Straßen, die den Namen bekannter und herausragender Persönlichkeiten unserer Stadt tragen, enthüllt. Am 8. Oktober begrüßte Dietmar Schütz, Vorsitzender der Oldenburger Bürgerstiftung, zu diesem Anlass AnwohnerInnen sowie Herrn Hummerich-Ferbers und Frau Boeckmann von der Helene-Lange-Schule, Frau Beckmann vom Zentrum für Frauengeschichte und Frau Oncken vom Gleichstellungsbüro der Stadt Oldenburg an der Helene-Lange-Straße/Ecke Gertrud-Bäumer-Weg. Nach den Begrüßungsworten von Herrn Schütz kamen die Ehrengäste zu Wort und hatten Interessantes über Helene Lange und Gertrud Bäumer zu erzählen.

Helene Lange wurde am 9. April 1848 in Oldenburg geboren. Schon früh erkannte sie, dass es für Frauen keine Bildungs- und Berufschancen gab. Dennoch gelang es ihr gegen diverse Widerstände 1871 ihr Lehrerinnenexamen in Berlin zu bestehen. Durch ihre eigenen Erfahrungen bzgl. Bildung und Beruf für Frauen engagierte sie sich ab Mitte der 1880er Jahre in der bürgerlichen Frauenbewegung. Sie war im Vorstand des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins und Vorsitzende des Deutschen Lehrerinnenvereins. Im Laufe dieser Tätigkeit lernte sie Gertrud Bäumer kennen. Gertrud Bäumer wurde am 12. September 1873 in Hohenlimburg geboren Sie absolvierte das Lehrerinnenseminar in Magdeburg, unterrichtete an Volksschulen in Halberstadt, Kamen und Magdeburg. Durch ihren Kontakt mit dem Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverein lerne sie Helene Lange kennen, die Vorsitzende dieses Vereins war. Ihr Studium an der Berliner Universität in Theologie, Germanistik, Philologie und Nationalokonomie finanzierte sie sich selbst und promovierte 1904 über Goethes Satyros. 1898 erkrankte Helene Lange an einer Augenkrankheit und nahm gerne das Angebot Gertrud Bäumers an, ihre Assistentin zu werden.  Helene Lange erkannte das geistige Potenzial der jungen Gertrud Bäumer und wollte sie zu ihrer Nachfolgerin aufbauen. Rasch entstand eine enge Freundschaft, die sich zu einer Lebensgemeinschaft entwickelte, die bis zu Helene Langes Tod im Jahr 1930 währte. Beide Frauen engagierten sich auch politisch für die  Frauenbewegung in Volksparteien und gaben das Handbuch der Frauenbewegung heraus, außerdem die Zeitschrift „Die Frau“. Nach dem ersten Weltkrieg gehörte Helene Lange zu den Mitbegründerinnen der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). Helene Lange erhielt 1928 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Oldenburg. Sie starb am13.Mai 1930 in Berlin. Gertrud Bäumer sah sich in der Zeit des Nationalsozialismus zu Kompromissen veranlasst, die für die Mitstreiterinnen in der Frauenbewegung nicht tragbar waren. Im Winter 1945 floh sie nach Bamberg. Sie versuchte noch sich am Wiederaufbau der Frauenbewegung zu beteiligen, kam aber durch ihr Verhalten während des Nationalsozialismus nicht mehr zum Zuge. Sie hielt noch einige Vorträge, wurde aber durch eine Atherosklerose an weiteren öffentlichen Auftritten gehindert. Sie starb am 25. März 1954 in den Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel und ist dort auf dem Friedhof begraben. Am Grabdenkmal des Ehrengrabes des Landes Berlin für Helene Lange erinnert eine Inschrift posthum an Gertrud Bäumer.

Bild NWZ Torsten von Reeken

Hier geht es zum Artikel der NWZ vom 13.10.2020: Zusatzschild erinnert an Gertrud Bäumer

Weshalb die Mutzenbecherstraße so heißt

von Heinfried König

„Bildung im Vorübergehen“ nennen wir unsere Aktion, Straßennamen mit Erklärungen zur Person zu ergänzen. Am 26. September 2020 kam eine weitere Straße dazu: Die (Esdras Heinrich) Mutzenbecherstraße, eine Seitenstraße von der Hauptstraße in Eversten.

Der Namensgeber dieser Straße führt uns in die Mitte des 18. Jahrhundert. Zu der Zeit jedenfalls, 1744, wurde Esdras Heinrich Mutzenbecher, der spätere Generalsuperintendent von Oldenburg, in Hamburg geboren. Nahezu am Ende des Jahrhunderts,1789, kam Esdras Heinrich Mutzenbecher nach Oldenburg. Herzog Peter I. hat ihn als Generalsuperintendent und Konsistorialrat, heute würden wir ihn „Bischof“ nennen, in die Oldenburger Kirche berufen. Esdras Heinrich Mutzenbecher ist 45 Jahre und hat einen abwechslungsreichen Lebenslauf hinter sich. Geboren am 23. März 1744 in Hamburg, war er Zeitgenosse von Goethe und Schiller. Sein Vater Johann Heinrich Mutzenbecher, war Kaufmann; seine Mutter, Angelica Edzardus, kam aus einer Theologenfamilie.

Er besucht die Gelehrtenschule des Johanneums und macht schon in jungen Jahren durch eine Wochenzeitung, „Der Primaner“, auf sich aufmerksam. Ab Ostern 1762 besucht er das Hamburger Akademische Gymnasium und gehört bereits als 18jähriger zu den Mitbegründern einer literarischen Gesellschaft, die er 1765 mit auf die Universität in Göttingen nahm. Aus dieser literarischen Gesellschaft entwuchsen die „Hamburgischen Unterhaltungen“, eine Monatszeitschrift, die von 1766-1770 erschien und über Musik, Literatur und Kunst berichtete.

Mit 24 Jahren, 1768, beendet er sein Studium und übernimmt für zwei Jahre die Stelle eines Hofmeisters, eines Hauslehrers und Sekretärs, bei einem jungen Herrn von Steinberg, mit dem er sich zunächst in Celle dann von 1770-1772 an der Ritterakademie in Braunschweig und seit September 1772 wieder in Göttingen aufhielt.

Von Braunschweig aus machte er das theologische Examen vor dem Consistorium zu Hannover und erlangte die Aufnahme unter die hannoverschen Candidaten.

1773 wird er zum zweiten Universitätsprediger in Göttingen ernannt. Er hat das Recht auch als Privatdozent tätig zu sein. Sein Ziel war eine akademische Laufbahn. 1774 legt er das Examen vor der Theologischen Fakultät in Göttingen ab und beginnt mit einer Dissertation.

Ein Jahr später, 1775, wird er zum Prediger an der deutschen lutherischen Kirche in Den Haag berufen.

Hier heiratet er,1777, die 14 Jahre jüngere Tochter eines Den Haager Bankiers. Zwei Kinder werden in Den Haag geboren. Eines stirbt sehr früh. Mutzenbecher bleibt 5 Jahre und wechselt 1780 zur deutschen lutherischen Gemeinde in Amsterdam. Er fühlt sich hier sehr wohl und lehnt mehrere Berufungen zu höheren Ämtern in deutschen Gemeinden ab. Ein guter Kontakt zu deutschen und holländischen Theologen bestärkt dieses Gefühl. In Amsterdam werden drei weitere Kinder geboren.

Die theologische Situation veränderte sich in den Jahren. Die liberale Theologie, der Mutzenbecher sich zugehörig fühlte kam mit der orthodoxen Theologie in einen heftigen Richtungsstreit. Diese Entwicklung war ausschlaggebend, den Ruf als Generalsuperintendent und Konsistorialrat in Oldenburg anzunehmen. Am 3. August 1789 kommt er nach Oldenburg.
Hier findet er für sein Verständnis ein günstigeres Umfeld. Herzog Peter der I. strebt ein aufklärerisches Staatsideal an und stattet Mutzenbecher mit umfassenden Kompetenzen aus.

Als wichtige Kennzeichen der Aufklärung gelten die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz, mit der man sich von althergebrachten, starren und überholten Vorstellungen und Ideologien gegen den Widerstand von Tradition und Gewohnheitsrecht befreien will. Dazu gehörte im Zeitalter der Aufklärung der Kampf gegen Vorurteile und die Hinwendung zu den Naturwissenschaften, das Plädoyer für religiöse Toleranz und die Orientierung am Naturrecht.

Es beginnen für ihn 12 intensive Jahre, in denen er dem Rationalismus und der Aufklärungstheologie verpflichtet, in Oldenburg wirkt: Er gibt ein neues Gesangbuch heraus. Entwickelt Material für den kirchlichen Unterricht und stellt Gebete und Formulare für gottesdienstliche Handlungen zusammen.

Ebenso ist er auf dem Gebiet des Schulwesens engagiert: Gründet 1790 eine Armenschule, wandelt die Oldenburger Lateinschule in ein Gymnasium um, und gründet 1793 das Evangelische Lehrerseminar in Oldenburg.

In seine Amtszeit fällt auch der radikale Umbau der Lambertikirche. Am 3. Mai 1795 wird sie wieder eingeweiht und Mutzenbecher hält die Festpredigt.

Mutzenbecher war in Oldenburg Mitglied der Literarischen Gesellschaft, in der er sich ebenfalls aufklärerischen Positionen anschloss. Seine Reformen sind dementsprechend geprägt von einer stark neologischen Position, die aus seiner Theologie und aus seiner aufgeklärten philosophisch-sozialpolitischen Weltsicht resultierte und vernunftgeleitetes, selbständiges Denken und Handeln innerhalb einer Individual- und Sozialethik zum Ziel hatte.

Seinem Wirken wird im Dezember 1801 ein plötzliches Ende gemacht. Am 21. Dezember 1801 stirbt er nach kurzer Krankheit.

Seine Witwe überlebte ihn 29 Jahre und starb am 9. April 1830. Von seinen Kindern überlebten ihn seine Tochter Henriette und seine Söhne Ludwig und Fritz, der spätere Regierungspräsident von Oldenburg.

 

Enthüllung (von links): Dietmar Schütz (Vorsitzender der Bürgerstiftung) mit Folkert Heinrich Lorenz Mutzenbecher, Christiane Barth (geb. Mutzenbecher) und Ehemann Reinhold Barth

Zusatzschild an der Herbartstraße

In Oldenburg gibt es viele Straßen, die die Namen verdienter Männer und Frauen tragen. Aber wer kennt schon deren Lebensläufe und deren Verdienste um das Wohl der Stadt? Die Oldenburger Bürgerstiftung möchte daher mit dem Projekt „Bildung im Vorübergehen“ dieses Thema aufgreifen und hat begonnen, die Straßennamen mit zusätzlichen Informationen zu der Person in Form von Zusatzschildern zu versehen. So wurde nun auch in der Herbartstraße ein solches Zusatzschild mit Informationen zu Johann Friedrich Herbart enthüllt. Zu der Enthüllung waren Oberbürgermeister Jürgen Krogman, Günter Tillmann (Schulleiter am Herbartgymnasium), Mitglieder der Oldenburger Bürgerstiftung sowie Anwohner der Herbartstraße und eine Schulklasse des Herbartgymnasiums gekommen. Diese nutzten das Zusammentreffen, um sich über den Namensgeber ihrer Schule auszutauschen und ihr Wissen zu erweitern.

Wer war Johann Friedrich Herbart?

Leben

Johann Friedrich Herbart wurde am 4. Mai 1776 in Oldenburg geboren und starb am   14. August 1841 in Göttingen. Er war Philosoph, Psychologe und Pädagoge und gilt über den deutschen Sprachraum hinaus als Klassiker der Pädagogik. Er begründete den Herbartianismus und die Allgemeine Pädagogik. Herbart wuchs in gesellschaftlich und auf den Status der Familie bezogen stabilen Verhältnissen in Oldenburg auf. Sein Vater, Thomas Gerhard Herbart (1739-1809), war Justiz- und Regierungsrat und Sohn des Direktors der Oldenburger Lateinschule – des heutigen Alten Gymnasiums. Seine Mutter Luzia Margareta war die Tochter des Oldenburger Arztes Cornelius Schütte.

In seiner Kindheit stand Johann Friedrich Herbart sehr unter der Aufsicht und Fürsorge seiner Mutter. Die Erziehung durch die Mutter war eher streng und durch eine gewisse Härte gekennzeichnet. Der Vater scheint sich sehr seinen beruflichen Aufgaben gewidmet zu haben.

Herbarts Mutter sorgte für eine standesgemäße Bildung durch Privatlehrer, Privatschulbesuch und Hauslehrer, so wie es seinerzeit üblich für Kinder aus höheren Gesellschaftsschichten war. Mit acht Jahren erhielt er Musikunterricht und lernte gleichzeitig Violine, Cello, Harfe und Klavier spielen. Die Liebe zur Musik blieb ihm erhalten. Zeitlebens war er ein beliebter Pianist.

Nach dem Besuch der Oldenburger Lateinschule begann er  ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Jena. Unter dem Einfluss Johann Gottlieb Fichtes wechselte er zur Philosophie und Literatur. Nach Distanzierungen zur Philosophie Fichtes und Schellings und der Beschäftigung mit griechischen Klassikern  brach Herbart 1797 ohne Abschluss sein Studium ab und ging als Hauslehrer nach Interlaken bei Bern. Hier begann sein Interesse an pädagogischer Arbeit im Rahmen seines Unterrichts mit den drei Söhnen, über die er in Berichten Rechenschaft ablegte. 1798 lernte er Pestalozzi kennen, dessen Konzepte ihn zu einem kritischen Überdenken seiner eigenen pädagogischen Ideen veranlassten.

Im Jahr 1800 gab Herbart seine Stellung als Hauslehrer auf und kehrte auf Wunsch seiner Mutter nach Oldenburg zurück, um bald einer Einladung seines Freundes Johann Smidt nach Bremen zu folgen. 1802 begann er seine akademische Laufbahn an der Universität Göttingen, wo er seine Promotion und dann auch seine Habilitation in Philosophie abschloss. In Göttingen lehrte er zunächst als Privatdozent und wurde 1805, nach Ablehnung eines Rufes nach Heidelberg, zum außerordentlichen Professor ernannt. In den Jahren 1806 bis 1808 erfolgten bedeutende Veröffentlichungen wie die „Allgemeine Pädagogik aus dem Zweck der Erziehung abgeleitet“, „Über philosophisches Studium“ und „Allgemeine praktische Philosophie“

Da man Herbart als „Mann von ausgezeichnetem Scharfsinn und Talent“ und als „denkenden Kopf“ ansah, der durch seine Schriften auch sein großes Interesse für Erziehungsfragen gezeigt habe, wurde er 1809  an die Universität Königsberg als Professor für Philosophie und Pädagogik auf den früheren Lehrstuhl Immanuel Kants berufen, wo er auch an der Reform des Schulwesens in Preußen mitwirkte.

In Königsberg begegnete er Wilhelm von Humboldt. Dieser schrieb seinem Lehrer, dem Philologen Friedrich, nach Berlin, an der Universität Königsberg sei wohl bloß Herbart „herauszuheben“ und Goethe ließ er wissen, dass der „neulich aus Göttingen berufene Herbart“ ihm in der Nähe viel besser gefalle als „von ferne in den Rezensionen seiner Bücher“. Herbart wurde Mitglied und Direktor der „Wissenschaftlichen Deputation“, eines Beratungsgremiums der Schulreform, das u. a. neue Lehrpläne entwarf. Auch wurde er 1829 Schulrat und prüfte die Lehramtskandidaten. 1811 heiratete er die aus einer englischen Kaufmannsfamilie stammende Mary Jane Drake. Die Ehe blieb kinderlos.

1833 folgte Herbart einem Ruf zurück an seine alte Wirkungsstätte, die Universität Göttingen, nachdem ihm die Nachfolge Hegels in Berlin nicht anvertraut worden war. Dort publizierte er  1841 sein Alterswerk „Umriss pädagogischer Vorlesungen“. Am 14. August 1841 erlag Herbart im Alter von 65 Jahren einem Schlaganfall. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Albani-Friedhof in Göttingen.

 

Herbarts Pädagogik und der Herbartianismus

Herbart sah die wesentliche Aufgabe des Lehrers darin, die vorhandenen Interessen des Schülers herauszufinden und sie mit dem Wissen und der Kultur der Menschheit in Beziehung zu setzen, um dem Schüler zu helfen, Teil des zivilisierten Lebens zu werden. Er stellte sich ausdrücklich gegen einen autoritären Erziehungsstil und sah im Unterricht die Möglichkeit, die Schüler durch „Aufforderung zur Selbsttätigkeit“ zu ermuntern und ihre charakterliche Entwicklung zu fördern. Der Lehrer tritt hier in ein Unterstützerverhältnis. Er soll dem Schüler Denkanstöße geben. Der eigentliche Lernprozess kann aber nur vom Schüler selbst vollzogen werden.

 

Ehrungen in Oldenburg

Nach Herbart ist seit dem 1. August 1988 das 1844 gegründete heutige Herbartgymnasium in der Herbartstraße benannt. Wie bei keiner anderen Schule in Oldenburg spiegelt die Geschichte des Herbartgymnasiums die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wider. Handwerker und Gewerbetreibende kämpften für eine Schule für ihre Kinder als Alternative zur altsprachlichen Lateinschule, dem heutigen Alten Gymnasium.

Ferner gibt es in Oldenburg das Herbartdenkmal im Herbartpark gegenüber dem Herbartgymnasium sowie den Herbartgang in der Innenstadt.

 

Weitere Informationen zum Projekt „Bildung im Vorübergehen“ der Oldenburger Bürgerstiftung finden Sie unter hier.