Zusatzschild an der Herbartstraße

In Oldenburg gibt es viele Straßen, die die Namen verdienter Männer und Frauen tragen. Aber wer kennt schon deren Lebensläufe und deren Verdienste um das Wohl der Stadt? Die Oldenburger Bürgerstiftung möchte daher mit dem Projekt „Bildung im Vorübergehen“ dieses Thema aufgreifen und hat begonnen, die Straßennamen mit zusätzlichen Informationen zu der Person in Form von Zusatzschildern zu versehen. So wurde nun auch in der Herbartstraße ein solches Zusatzschild mit Informationen zu Johann Friedrich Herbart enthüllt. Zu der Enthüllung waren Oberbürgermeister Jürgen Krogman, Günter Tillmann (Schulleiter am Herbartgymnasium), Mitglieder der Oldenburger Bürgerstiftung sowie Anwohner der Herbartstraße und eine Schulklasse des Herbartgymnasiums gekommen. Diese nutzten das Zusammentreffen, um sich über den Namensgeber ihrer Schule auszutauschen und ihr Wissen zu erweitern.

Wer war Johann Friedrich Herbart?

Leben

Johann Friedrich Herbart wurde am 4. Mai 1776 in Oldenburg geboren und starb am   14. August 1841 in Göttingen. Er war Philosoph, Psychologe und Pädagoge und gilt über den deutschen Sprachraum hinaus als Klassiker der Pädagogik. Er begründete den Herbartianismus und die Allgemeine Pädagogik. Herbart wuchs in gesellschaftlich und auf den Status der Familie bezogen stabilen Verhältnissen in Oldenburg auf. Sein Vater, Thomas Gerhard Herbart (1739-1809), war Justiz- und Regierungsrat und Sohn des Direktors der Oldenburger Lateinschule – des heutigen Alten Gymnasiums. Seine Mutter Luzia Margareta war die Tochter des Oldenburger Arztes Cornelius Schütte.

In seiner Kindheit stand Johann Friedrich Herbart sehr unter der Aufsicht und Fürsorge seiner Mutter. Die Erziehung durch die Mutter war eher streng und durch eine gewisse Härte gekennzeichnet. Der Vater scheint sich sehr seinen beruflichen Aufgaben gewidmet zu haben.

Herbarts Mutter sorgte für eine standesgemäße Bildung durch Privatlehrer, Privatschulbesuch und Hauslehrer, so wie es seinerzeit üblich für Kinder aus höheren Gesellschaftsschichten war. Mit acht Jahren erhielt er Musikunterricht und lernte gleichzeitig Violine, Cello, Harfe und Klavier spielen. Die Liebe zur Musik blieb ihm erhalten. Zeitlebens war er ein beliebter Pianist.

Nach dem Besuch der Oldenburger Lateinschule begann er  ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Jena. Unter dem Einfluss Johann Gottlieb Fichtes wechselte er zur Philosophie und Literatur. Nach Distanzierungen zur Philosophie Fichtes und Schellings und der Beschäftigung mit griechischen Klassikern  brach Herbart 1797 ohne Abschluss sein Studium ab und ging als Hauslehrer nach Interlaken bei Bern. Hier begann sein Interesse an pädagogischer Arbeit im Rahmen seines Unterrichts mit den drei Söhnen, über die er in Berichten Rechenschaft ablegte. 1798 lernte er Pestalozzi kennen, dessen Konzepte ihn zu einem kritischen Überdenken seiner eigenen pädagogischen Ideen veranlassten.

Im Jahr 1800 gab Herbart seine Stellung als Hauslehrer auf und kehrte auf Wunsch seiner Mutter nach Oldenburg zurück, um bald einer Einladung seines Freundes Johann Smidt nach Bremen zu folgen. 1802 begann er seine akademische Laufbahn an der Universität Göttingen, wo er seine Promotion und dann auch seine Habilitation in Philosophie abschloss. In Göttingen lehrte er zunächst als Privatdozent und wurde 1805, nach Ablehnung eines Rufes nach Heidelberg, zum außerordentlichen Professor ernannt. In den Jahren 1806 bis 1808 erfolgten bedeutende Veröffentlichungen wie die „Allgemeine Pädagogik aus dem Zweck der Erziehung abgeleitet“, „Über philosophisches Studium“ und „Allgemeine praktische Philosophie“

Da man Herbart als „Mann von ausgezeichnetem Scharfsinn und Talent“ und als „denkenden Kopf“ ansah, der durch seine Schriften auch sein großes Interesse für Erziehungsfragen gezeigt habe, wurde er 1809  an die Universität Königsberg als Professor für Philosophie und Pädagogik auf den früheren Lehrstuhl Immanuel Kants berufen, wo er auch an der Reform des Schulwesens in Preußen mitwirkte.

In Königsberg begegnete er Wilhelm von Humboldt. Dieser schrieb seinem Lehrer, dem Philologen Friedrich, nach Berlin, an der Universität Königsberg sei wohl bloß Herbart „herauszuheben“ und Goethe ließ er wissen, dass der „neulich aus Göttingen berufene Herbart“ ihm in der Nähe viel besser gefalle als „von ferne in den Rezensionen seiner Bücher“. Herbart wurde Mitglied und Direktor der „Wissenschaftlichen Deputation“, eines Beratungsgremiums der Schulreform, das u. a. neue Lehrpläne entwarf. Auch wurde er 1829 Schulrat und prüfte die Lehramtskandidaten. 1811 heiratete er die aus einer englischen Kaufmannsfamilie stammende Mary Jane Drake. Die Ehe blieb kinderlos.

1833 folgte Herbart einem Ruf zurück an seine alte Wirkungsstätte, die Universität Göttingen, nachdem ihm die Nachfolge Hegels in Berlin nicht anvertraut worden war. Dort publizierte er  1841 sein Alterswerk „Umriss pädagogischer Vorlesungen“. Am 14. August 1841 erlag Herbart im Alter von 65 Jahren einem Schlaganfall. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Albani-Friedhof in Göttingen.

 

Herbarts Pädagogik und der Herbartianismus

Herbart sah die wesentliche Aufgabe des Lehrers darin, die vorhandenen Interessen des Schülers herauszufinden und sie mit dem Wissen und der Kultur der Menschheit in Beziehung zu setzen, um dem Schüler zu helfen, Teil des zivilisierten Lebens zu werden. Er stellte sich ausdrücklich gegen einen autoritären Erziehungsstil und sah im Unterricht die Möglichkeit, die Schüler durch „Aufforderung zur Selbsttätigkeit“ zu ermuntern und ihre charakterliche Entwicklung zu fördern. Der Lehrer tritt hier in ein Unterstützerverhältnis. Er soll dem Schüler Denkanstöße geben. Der eigentliche Lernprozess kann aber nur vom Schüler selbst vollzogen werden.

 

Ehrungen in Oldenburg

Nach Herbart ist seit dem 1. August 1988 das 1844 gegründete heutige Herbartgymnasium in der Herbartstraße benannt. Wie bei keiner anderen Schule in Oldenburg spiegelt die Geschichte des Herbartgymnasiums die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wider. Handwerker und Gewerbetreibende kämpften für eine Schule für ihre Kinder als Alternative zur altsprachlichen Lateinschule, dem heutigen Alten Gymnasium.

Ferner gibt es in Oldenburg das Herbartdenkmal im Herbartpark gegenüber dem Herbartgymnasium sowie den Herbartgang in der Innenstadt.

 

Weitere Informationen zum Projekt „Bildung im Vorübergehen“ der Oldenburger Bürgerstiftung finden Sie unter hier.

Oldenburger Bürgerstiftung für gute Arbeit ausgezeichnet

Wir sind zum vierten Mal mit dem Gütesiegel des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen für Bürgerstiftungen ausgezeichnet worden.

„In der globalen Welt, in der wir leben, braucht es lokale Ankerpunkte, wo wir uns verorten und die nachhaltige Wirksamkeit unseres Handelns unmittelbar erleben können. Bürgerstiftungen, die das Gütesiegel des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen tragen, sind lebendige Beispiele dafür“, so Prof. Dr. Burkhard Küstermann, der Vorsitzende der Gütesiegeljury.

Was sind die „10 Merkmale einer Bürgerstiftung“?

Seit 20 Jahren bieten die „10 Merkmale einer Bürgerstiftung“ Orientierung für Bürgerstiftungen im ganzen Land. 270 der rund 400 Bürgerstiftungen in Deutschland tragen aktuell das Gütesiegel, welches für Qualität und Transparenz ihres lokalen bürgerschaftlichen Engagements steht. Für eine erfolgreiche Bewerbung müssen Bürgerstiftungen neben der Zweckvielfalt und lokaler Ausrichtung der Stiftungsarbeit insbesondere die Unabhängigkeit der Stiftung von politischen Gremien und einen kontinuierlichen Aufbau des Stiftungskapitals nachweisen. Für die Vergabe des Gütesiegels werden u.a. Satzung, Anerkennungsurkunde, Gemeinnützigkeitsbescheinigung und Pressetexte der jeweiligen Bürgerstiftung geprüft.

Wir haben das Gütesiegel für die nächsten 3 Jahre verliehen bekommen und freuen uns sehr über die Auszeichnung und der damit verbundenen Wertschätzung unserer Arbeit.

 

Stefanie Gravekarstens und Christine Decker (Oldenburger Bürgerstiftung)
freuen sich über die Auszeichnung, die sie von Gebhard Hitzemann
(Mitglied der Gütesiegeljury) erhalten haben.

„Erinnerung auf Augenhöhe“

Liebe Bürgerinnen und Bürger Oldenburgs!

Die heute immer notwendigere „Erinnerungskultur“ an die Shoa hat in Oldenburg einige wichtige Erinnerungsorte und Ereignisse (das Denkmal an der Peterstraße neben der zerstörten Synagoge; die Tafel gegenüber mit den Orten der jüdischen Mitbürger/innen, der „Erinnerungsgang“) geschaffen. Es fehlt nach wie vor der Hinweis „vor Ort“ auf die Wohnungen und Geschäftshäuser unserer jüdischen Mitbürger/Innen.

In vielen anderen Städten geschieht dies durch die sogenannten „Stolpersteine“ mit den Daten der jüdischen Mitbürger/Innen. Die jüdische Gemeinde in Oldenburg hat sich klar dagegen ausgesprochen, weil sie nicht will das auf den Namen der Opfer herumgetreten wird oder diese gar beschmutzt werden. Die jüdische Gemeinde spricht sich dafür aus, an den Häusern oder am Grundstücksrand Erinnerungsplaketten oder Stelen anzubringen, um so „auf Augenhöhe“ eine Erinnerung anzuregen.

An die Oldenburger Bürgerstiftung ist auf diesem Hintergrund der Wunsch herangetragen worden, eine derartige Erinnerungskultur „auf Augenhöhe“ durch finanzielle und organisatorische Anstrengungen möglich zu machen.

Wir sind – nach aktueller Absprache mit der jüdischen Gemeinde – gerne bereit diese Erinnerungsarbeit zu beginnen. In Zusammenarbeit mit Werkstattfilm besitzen wir die Wohn- und Geschäftsadressen aller ehemaligen jüdischen MitbürgerInnen. Wir könnten im Laufe des nächsten Jahres mit dem Anbringen der Plaketten, worauf die Daten der jüdischen MitbürgerInnen stehen sollen, beginnen. Die genaue Ausgestaltung werden wir mit der jüdischen Gemeinde und der Stadt abstimmen.

Allerdings müssen wir angesichts unserer anderweitigen finanziellen Engagements auch diese Arbeit mit Sponsoren- und Spendenaktionen verbinden.

Wenn Sie diese geplante Erinnerungsarbeit unterstützen wollen, bitten wir um eine Spende mit dem Stichwort „Erinnerungsarbeit“ auf das Konto der Oldenburger Bürgerstiftung DE44 2905 0000 3001 3940 06. Schon über 10€ freuen wir uns; bei höheren Spenden können wir steuerlich wirksame Spendenbescheinigungen ausstellen.

Bürgerstiftung – Die Mitmach-Stiftung

Wir sind eine von 410 Mitmach-Stiftungen in Deutschland und damit Teil einer starken und wachsenden Gemeinschaft. Das zeigt der Report Bürgerstiftungen 2019, den die @aktive.buergerschaft und das  Bündnis der @buergerstiftungendeutschlands am 26. September gemeinsam vorgestellt haben: Nicht nur das Kapital der Bürgerstiftungen wächst, sondern immer mehr Menschen wollen auf diesem Wege die Gesellschaft vor Ort mitgestalten. Werden auch Sie aktiv und unterstützen Sie die Oldenburger Bürgerstiftung: Mit Geld, Zeit oder Ideen!

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Unser neuer Stiftungsbrief ist da!