Erinnerungszeichen – Basar für eine Stele

In der Brüderstraße erinnert bald eine Stele an die jüdische Familie Weinberg. Die Straßengemeinschaft hat es sich zum Ziel gesetzt, das Erinnerungszeichen zu finanzieren und veranstaltete daher einen Adventsmarkt. Fast 1.000,00 € kamen zusammen. Doch die Finanzierung steht noch nicht. Ein Erinnerungszeichen kostet rund 3.000,00 €.

Weitere Spenden und Unterstützungen sind daher über uns oder die Straßengemeinschaft willkommen.

Infos und Kontakt auch unter:  www.bruederstrasse-oldenburg.de 

Vielen Dank für dieses großartige Engagement!

Rede zur Übergabe der ersten Erinnerungszeichen

Nach langer Vorbereitung war es am 15.11.2021 endlich soweit, die ersten Erinnerungszeichen wurden eingeweiht. Im Beisein des Enkels von Alex Goldschmidt hat unser Vorsitzender Dietmar Schütz eine Rede gehalten:

„Ich freue mich, dass wir es geschafft haben, insbesondere in Anwesenheit von Herrn Martin Goldsmith, heute einen weiteren Aspekt Oldenburg-jüdischer Erinnerungskultur zu öffnen. Lassen Sie mich diese Station kurz in die bisherigen Schritte einordnen und Ihnen darlegen, warum und wie wir diesen gemeinsamen Schritt der Stadt mit der Zivilgesellschaft unternommen haben und was uns treibt.
Es ist nach meiner Überzeugung klar, dass nicht nur im Land der Täter, sondern auch in der historisch herausgehobenen Stadt der Täter -wie der unseren- die Erinnerung an die Morde und Verbrechen im Nationalsozialismus eine wichtige Rolle im „ Nie wieder“ spielt und spielen muss. Der Freistaat Oldenburg mit seiner späteren Gauhauptstadt Oldenburg war das erste mit absoluter Mehrheit der Nationalsozialisten regierte Land im deutschen Reich. Daraus erwächst m.E. eben ein deutlicher moralischer Auftrag zur Herausarbeitung einer auch spezifischen oldenburgischen Erinnerungskultur. Die Stadt hat diesen Auftrag zwar spät, aber durchaus durch vielfältige Handlungen angenommen. Vor den tatsächlichen Reaktionen und Handlungen durch die Stadt gab es aber schon Arbeiten aus dem bürgerschaftlichen Raum zu diesem Auftrag. Ich erinnere vor allem an Dr. Enno Meyer, dem Vorsitzenden der deutsch-jüdischen Gesellschaft, der über viele Jahre dem Schicksal der Oldenburger Juden nachgeforscht hat und Kontakte zu den Überlebenden der ehemaligen jüdischen Gemeinde in alle Welt geknüpft hat. Aus diesen Kontakten erwuchs nach meiner Kenntnis unter Oberbürgermeister Dr. Niewerth die Einladung der Stadt an viele ehemalige jüdische Mitbürger und Mitbürgerinnen, die den Holocaust überlebten. Sie kamen zu einer Begegnung in ihre ehemaligen Heimat in den frühen 80er Jahren. Damals war ich Ratsherr der Stadt und erinnere mich an eine mich sehr bewegende Szene bei einer Aufstellung für ein Foto auf den Treppen vor diesem Rathaus. Dort fragte ein m. E. aus den USA emigrierter jüdischer Mitbürger seinen nach Argentinien geflohenen ehemaligen Mitbürger: „Wat mogst Du denn nu?“. Der Gebrauch der plattdeutschen Sprache, die bei uns in der Stadt durch vielerlei Einflüsse fast zum Erliegen gekommen war, lebte hier auf der Rathaustreppe wieder auf und zeigte die auch noch in der Sprache sichtbare Verbundenheit.
Natürlich will ich jetzt nicht einen nostalgischen Ausflug in die Geschichte der Oldenburger Erinnerungskultur machen, möchte aber doch einige Stationen nennen, um zu zeigen, dass sowohl aus der Stadt, der Kulturverwaltung –insbesondere von dem damaligen Kulturdezernenten Dr. Eckhart Seeber-, aber eben auch aus der Zivilgesellschaft viele Impulse kamen. Ich nenne das sehr überzeugende zentrale Denkmal von Udo Reimann an der Peterstraße und die Erinnerungstafel neben bzw. gegenüber der ehemaligen Synagoge; ich erinnere an den Erinnerungsgang, den Klaus Dede vor vielen Jahren angeregt hat und den wir gerade vor vier Tagen wieder gegangen sind. Und natürlich an viele Vorträge, Ausstellungen, Symposien sowie Forschungsvorhaben. Darin vor allem an das „Erinnerungsbuch“ von Jörg Paulsen über die von der Judenverfolgung betroffenen Einwohner Oldenburgs, auf das wir uns sehr gestützt haben.
Ein besonderer Glücksfall für das Wiederaufleben der jüdischen Gemeinde und für die Versöhnungs- und Erinnerungsarbeit war sicherlich, dass Leo Trepp, der letzte jüdische Landesrabbiner der jüdischen Gemeinde in Oldenburg bis 1938, nach dem Krieg wieder oft zu seiner alten Wirkungsstätte zurückkehrte und in seinem langen späten Leben nachdrücklich und nachhaltig in seiner alten Gemeinde, in den Schulen und in der Stadt segensreich wirkte. Der Bezug der neuen Synagoge in der jetzigen Leo- Trepp-Straße war dafür ein äußeres Zeichen. Im bürgerschaftlich-ehrenamtlichen Bereich entstand seit Jahren durch die Arbeit von Werkstattfilm eine weitere Station der kulturellen Aufarbeitung jüdischen Lebens in der Stadt. Dies geschah und geschieht durch die Sammlung und Aufarbeitung der Daten und des Bildmaterials unserer ehemaligen jüdischen Mitbürger, durch Filme wie zum Kobe-Prozess und zu Rosa Lazarus oder durch Bildanimationen an den Häusern unserer ehemaligen jüdischen Mitbürger. Seit Jahren gibt es eine Ausstellung zur Machtübernahme der Nazis und zu den Arisierungsvorgängen in der Stadt im Hause Werkstattfilm in der Wallstraße. Dass dies durch einen ursprünglich islamisch geprägten Emigranten aus dem Iran maßgeblich vorangetrieben wurde, hat seine besondere Pointe – lieber Farschid!
In diesem Kontext wurde die Frage aufgeworfen, wie man mit der Haltung der jüdischen Gemeinde umgehen müsse, die in Oldenburg die sog. „Stolpersteine“ vor den Häusern ehemaliger
jüdischer Mitbürger ablehnte, weil man diese Erinnerung nicht mit Füßen treten solle. Diese von Sarah Ruth Schumann, der damaligen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Oldenburg, immer deutlich vorgetragene Position teilte sie übrigens mit Charlotte Knobloch in München, die sich aus gemeinsamer Vorstandsarbeit gut kannten. Die Überlegung, eine „ Erinnerung auf Augenhöhe“ an oder vor den Häusern zu installieren, wie es z.B. Carsten Meyer-Bohlen vor dem Hause Gartenstraße 34 schon getan hatte, führte uns bald über das Internet zur Stadt München, wo ja die vergleichbare Position in der jüdischen Gemeinde vertreten wurde. Die Stadt München, die darauf schon reagiert hatte, machte und macht mit der Installierung der „Erinnerungszeichen“ genau das, was wir uns vorstellten. Da wir das Rad nicht neu erfinden wollten, sind wir an Vertreter der Stadt München herangetreten, um eine ähnliche Text – und Bildsprache in Oldenburg zu etablieren.

Ich bin sehr dankbar, dass diese Schritte zu einer weiteren Facette der Erinnerungskultur von Anfang an von der jüdischen Gemeinde aber dann auch vom Oberbürgermeister, dem Kulturamt und dem Kulturausschuss unterstützt und getragen wurden. Es ist ein bemerkenswerter Schritt, dass OB Reiter aus München und OB Krogmann eine Vereinbarung geschlossen haben, wonach sich die Kultur der „Erinnerungszeichen“ auch auf Oldenburg erstrecken kann. So können die Städte, die keine „Stolpersteine“ haben möchten, in einer ästhetisch sehr ansprechenden Text- und Bildsprache in einem gemeinsamen Teil einer Erinnerungskultur zusammenfinden. Wir bedanken uns sehr bei den Mitarbeitern der Stadt München für die Offenheit der Zusammenarbeit aber vor allem für die Arbeit an Text und Auftragserteilung – ohne sie hätten wir eine pünktliche Erledigung nicht geschafft.

Warum sind ist Werkstattfilm und die Oldenburger Bürgerstiftung für diesen Teil der Oldenburger Erinnerungskultur aktiv geworden?
Wir halten es in dieser Zeit des leider wieder auflebenden Antisemitismus, des teilweise aufkeimenden Rassismus und auch der Islamophobie nicht für ausreichend, Erinnerung nur an Denkmälern, Tafeln, Stelen und Plaketten abzulesen und schon daraus eine Einstellung des „Nie wieder“ zu erreichen und so schon ein Bewusstsein über den einzigartigen zivilisatorischen Bruch in unserer Geschichte zu erfahren. Dies stellt sich nicht so ohne weiteres ein. Vielmehr ist die Mitnahme der Bürgerinnen und Bürger durch ihr Mitmachen, auch durch ihre Spende und der Übernahme der Verantwortung für eine Tafel oder Stele ein wichtiger Aspekt der Beteiligung im Aufbau einer Landschaft der Erinnerung und der Mahnung. Gleichzeitig können wir über die Internetseite www.erinnerungszeichen-oldenburg.de mehr über das Leben des einst dort wohnenden Mitbürgers übermitteln – wie es die Münchener vorbildlich machen.

Lassen Sie mich die Art und Weise der Integration der Bürger in diesen Prozess an zwei Beispielen deutlich machen:
Die Straßenanwohner der Brüderstraße, die wir über unsere Aktion „Bildung im Vorübergehen“ bei der Anbringung eines Zusatzschildes für die Brüderstraße kennengelernt hatten, haben für die jüdische Familie Weinberg in der Brüderstraße 30 die Aufstellung und Finanzierung einer Stele übernommen. Wir werden die Stele gemeinsam aufstellen und dabei an das Schicksal von Levie Weinberg und seinen Tod in Theresienstadt erinnern.
Auf dem Erinnerungsgang vorige Woche sprach mich mir ein gut bekannter Lehrer des Alten Gymnasiums an, der sich intensiv mit der Geschichte von Paul und Peter Gerson beschäftigt und darüber bei Isensee ein kleines Buch herausgibt. Er möchte für die Gersons in der Bremerstraße eine Stele aufstellen und wird sich zur Finanzierung mit ehemaligen Kollegen und Nachbarn dafür einsetzen. Zur Einweihung erwartet er die Teilnahme der Enkel von Gerson aus Israel.
Diese Momente einer aufzugreifenden lebendigen Erinnerungskultur haben wir erwartet und wollen sie anreizen. Nur mit einer Verankerung der Erinnerungskultur in der Zivilgesellschaft und mit einer Beschäftigung mit den Personen auf unseren Tafeln und Stelen z.B. in den Schulen legen wir ein breiteres Fundament für eine Gesellschaft ohne Hass uns Vorurteil.

Ich habe es vor 10 – 15 Jahren vor dem Hintergrund unserer neueren Geschichte nicht für möglich gehalten, dass sich neben der alten Schar der unverbesserlichen, unbelehrbaren Schicht alter Nazis etwa in der SRP oder der NPD eine aggressive, mörderische, junge Gruppe Rechtsradikaler unter dem Radar von Polizei und Verfassungsschutz aufmacht, um unsere Demokratie zu unterhöhlen. Auch nicht, dass sie teilweise Flankenschutz einer Partei erhält, die die 10% Klause übersteigt. Dagegen hilft nur ein immer wieder aufgeklärtes, engagiertes Bürgertum in einer starken Zivilgesellschaft. Wir möchten ein Teil davon sein – und wir sind kein „closed shop“. Unser Ziel ist natürlich die Einbeziehung anderer Mitarbeiter – etwa
von Historikern und Politikwissenschaftlern unserer Universität oder Lehrern an den Schulen, die mit ihren Schülern Hintergründe aufarbeiten und Patenschaften begründen.
Das Ziel ist leider auch nur erreichbar, wenn wir auch die finanziellen Mittel für die Erinnerungszeichen erhalten. Die finanzielle Unterstützung aus unserer Stiftung, aus befreundeten Stiftungen – wie etwa der Marius-Eriksen-Stiftung , aber auch von vielen privaten Spendern und auch institutionellen Spendern wie der Oldenburgischen Landschaft oder der deutsch-israelischen Gesellschaft machte dies bisher möglich. Dafür sind wir sehr dankbar und hoffen natürlich auch auf die Gunst anderer.

Heute beginnen wir damit die Erinnerungszeixchen an den Tafeln und Stelen zu installieren. Wir starten in der Gartenstraße und setzen danach in den nächsten Tagen und Wochen diese Arbeit fort. In einer ersten Tranche erinnern wir an die nachfolgenden jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger:
Lion Bukofzer in der Achternstraße 38
Berta Berlowitz und Gertrud Grünberg in der Kurwickstraße 5
Julius Parnes in der Kurwickstrße 33
Alex, Bertha, Helmut und Eva Auguste Goldschmidt in der Gartenstraße 34 und an
das Haus der Mode von Alex Goldschmidt in der Achternstraße 48
Berta Behr und Levie Weinberg in der Brüderstraße
Moritz Landsberg und Walter Landsberg in der Schüttingstraße 7″

Offizielle Übergabe der ersten Erinnerungszeichen im Beisein eines ganz besonderen Gastes

Der 15. November 2021 war ein denkwürdiger Tag für die jüdische Oldenburger Familie Goldschmidt: Denn das erste Erinnerungszeichen für Opfer der NS-Verbrechen ist vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie in der Gartenstraße 34 eingeweiht worden. Im Beisein von Martin Goldsmith, Enkel des Oldenburgers Alex Goldschmidt, fand zuvor im Alten Rathaus ein Empfang mit Oberbürgermeister Jürgen Krogmann sowie Dietmar Schütz, unserem Vorsitzenden, statt. Dabei trug sich der Amerikaner ins Gästebuch der Stadt ein. Stadtrat Thomas Lechner nahm in Vertretung von Oberbürgermeister Dieter Reiter für die Landeshauptstadt München an der Veranstaltung teil. München war bundesweit die erste Stadt, die diese Erinnerungszeichen aufstellte.

Über die Familie Goldschmidt
Alex Goldschmidt wurde 1879 in Sachsenhagen geboren und starb in Ausschwitz. Der Kaufmann führte seit 1911 in der Oldenburger Innenstadt ein renommiertes Modegeschäft. Zwischen 1914 und 1918 kämpfte er im 1. Weltkrieg. 1938 wurde er erstmals verhaftet und kam im August 1942 ins KZ Ausschwitz, von wo er nie wieder zurückkehrte. Sohn Günther spielte von 1934 bis 1941 als Flötist im Orchester des Jüdischen Kulturbundes, bevor er in die USA fliehen konnte. Dort erblickte sein Sohn Martin Goldsmith 1952 das Licht der Welt.

Über die Erinnerungszeichen
In München werden seit 2018 Erinnerungszeichen an den einstigen Wohnorten von Menschen angebracht, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Sie befinden sich auf Augenhöhe der Betrachterinnen und Betrachter, und es gibt sie in zwei Ausführungen: als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Die Stadt Oldenburg hat sich, nach Ingolstadt, bundesweit als dritte Stadt dazu entschlossen, künftig diese individuellen Erinnerungszeichen für Opfer der NS-Verbrechen in der Stadt zu platzieren. So genannte „Stolpersteine“ sollen dann nur auf ausdrücklichen Wunsch der Hinterbliebenen als Alternative verlegt werden. Die künftige Lösung hatte sich die jüdische Gemeinde als besten Weg des Erinnerns gewünscht. In Oldenburg werden wir die Erinnerungszeichen mit der Stadt und in enger Zusammenarbeit mit Werkstattfilm errichten.

Hervorzuheben ist in Oldenburg die besondere Teilhabe der Bürger. Denn durch Spenden finanzieren wir diese Erinnerungszeichen. Aber auch Vorschläge für weitere Erinnerungszeichen können gemacht werden. Nur mit der Verantwortung und dem Engagement der Zivilgesellschaft kann das Fundament für eine hassfreie Gesellschaft gelegt werden.

Start des Projekts „Erinnerungszeichen – Erinnern auf Augenhöhe“

Die Stadt Oldenburg hat im Gegensatz zu vielen anderen Städten Deutschlands auf die Installation von sogenannten „Stolpersteinen“ an den letzten Wohnorten der in der NS-Zeit verfolgten ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger verzichtet. Dies geschah vor allem aus Rücksicht auf die jüdische Gemeinde in Oldenburg, die ein Betreten und Verschmutzen der in den Gehweg eingelassenen Steine ablehnt. Diese Position hat die jüdische Gemeinde nach internen Diskussionen immer aufrechterhalten und teilt sie noch heute. Dennoch gibt es bereits vier Standorte mit Stolpersteinen in Oldenburg, die in der Vergangenheit auf private Initiative entstanden sind.

München hat in der Erinnerungskultur einen eigenen Weg beschritten: An jenen Orten, an denen Menschen lebten und wirkten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden, werden seit 2018 Erinnerungszeichen auf Augenhöhe angebracht. Entworfen wurden die Erinnerungszeichen von stauss processform GmbH, Prof. Kilian Stauss. Es gibt sie in zwei Ausführungen: als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – auch Bilder.

In Oldenburg hat man sich nun dazu entschieden, ebenfalls auf die Erinnerungszeichen als Form des Gedenkens an die Opfer der NS-Verbrechen zu setzen. Nach unserer Kontaktaufnahme mit den zuständigen Stellen in München haben Oberbürgermeister Dieter Reiter und Oberbürgermeister Jürgen Krogmann vereinbart, die in München etablierten Erinnerungszeichen auch in Oldenburg zu installieren. Oldenburg ist damit nach München und Ingolstadt die dritte Stadt, in der Erinnerungszeichen entstehen.

Jürgen Krogmann, Oberbürgermeister der Stadt Oldenburg: „Mit der Installation von Erinnerungszeichen statt Stolpersteinen als Mahnmale für NS-Opfer folgen wir vor allem dem Wunsch der jüdischen Gemeinde in Oldenburg. Diese neue Form des Erinnerns und Begegnens auf Augenhöhe ist mehr als nur ein symbolischer Akt. Sie teilt das Schicksal der Verfolgten und Ermordeten auf eine besonders ehrenvolle Weise in unserer Innenstadt. Die geplante Website über das Leben und Wirken der Opfer trägt die Erinnerung zusätzlich virtuell an die Menschen heran, um so zusätzlich gegen das Vergessen anzukämpfen.“

Dieter Reiter, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München: „Seit 2018 gedenken wir in München mit den Erinnerungszeichen an jene Frauen, Männer und Kinder, die zwischen 1933 und 1945 dem nationalsozialistischen Terrorregime zum Opfer fielen. Inzwischen gibt es bei uns über 100 Erinnerungszeichen. Mit ihnen begegnen wir den Menschen auf Augenhöhe und von Angesicht zu Angesicht. Ich freue mich sehr darüber, dass nun auch die Stadt Oldenburg Erinnerungszeichen für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft setzt und die Erinnerungszeichen über die Grenzen Münchens hinaus immer weitere Verbreitung finden.“

In Oldenburg werden die Erinnerungszeichen von der Stadt und der Oldenburger Bürgerstiftung in enger Zusammenarbeit mit Werkstattfilm errichtet. Dabei wird die Stiftung mit Unterstützung der Oldenburger Bürgerinnen und Bürger die Anfertigung der Erinnerungszeichen finanzieren, während die Stadt die Aufstellung und Anbringung übernimmt und für den Erhalt der Erinnerungszeichen sorgt.

Unter www.erinnerungszeichen-oldenburg.de werden wir zusammen mit Werkstattfilm eine weiterführende Website zu Leben und Wirken der Menschen aufbauen, die mit den Erinnerungszeichen gewürdigt werden.

Die Erinnerungszeichen für die Familie Goldschmidt werden am 15. November im Beisein von Martin Goldschmidt, des Enkels von Alex Goldschmidt, an die Öffentlichkeit übergeben. An der Gedenkveranstaltung mit Oberbürgermeister Jürgen Krogmann und unserem Vorsitzenden Dietmar Schütz nimmt auch Stadtrat Thomas Lechner in Vertretung von Oberbürgermeister Dieter Reiter für die Landeshauptstadt München teil.

Enthüllungen für Elisabeth Frerichs und Margarte Gramberg

Bei schönstem Oktoberwetter enthüllte unser Vorsitzender Dietmar Schütz, im Rahmen des Projektes „Bildung im Vorübergehen“, im Beisein von Anliegern und Gästen an der Elisabeth-Frerichs-Straße und der Margarete-Gramberg-Straße Zusatzschilder mit Informationen über die Namensgeberinnen.

An der Elisabeth-Frerichs-Straße nahm neben einigen Anwohnern auch Wolfgang Wulf, stellv.Präsidiumsvorsitzender der AWO, an der kleinen Feier teil. In seiner Rede zeigte er Stationen aus Elisabeth Frerichs Leben auf.
Sie wurde 1883 im Harz geboren und verbrachte Ihre Schulzeit in Clausthal-Zellerfeld. Am 22. Mai 1967 verstarb sie in Oldenburg.
1903 heiratete sie und zog mit ihrem Mann nach Kiel. Dessen häufige Abwesenheit als Marineangehöriger nutzte sie zum Besuch diverser Weiterbildungen, u.a. an der Universität Jena.  1914 zog die Familie nach Wilhelmshaven. Dort knüpfte sie Kontakte zu freigeistigen Vereinen und Diskussionsforen. 1917 trat sie in die SPD ein. Im gleichen Jahr trennte sie sich von ihrem Mann.
Im Oktober 1919 wurde sie in den Bildungsausschuss der SPD  in Wilhelmshaven/Rüstringen gewählt und wurde eine der Mitbegründerinnen der Arbeiterwohlfahrt Oldenburg-Ostfriesland-Osnabrück. Sie wurde zur Vertrauensperson (Frauenreferentin) im Bezirksvorstand sowie zur ersten Bezirksvorsitzenden gewählt. Sie nahm dieses Amt bis zum Verbot der SPD und deren Organisationen durch die Nationalsozialisten im Sommer 1933 wahr. Sie war bis zur Auflösung eine von insgesamt vier weiblichen Abgeordneten im Oldenburgischen Landtag.
Nach der Machtergreifung zog sie mit ihrem zweiten Mann, Friedrich Frerichs,  nach Bohlenbergerfeld und später nach Zetel.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges gehörte Elisabeth Frerichs neben Margarete Gramberg dem Landtag von Oldenburg an. Nach Gründung des Bundeslandes Niedersachsen im März 1947 war sie Mitglied des Niedersächsischen Landtags. Sie gehörte, wie vor 1933, dem SPD-Bezirksvorstand an. 1951 zog sie nach Oldenburg und gehörte ab 1952 dem Rat der Stadt an.
Elisabeth Frerichs ist einer der wenigen exponierten Frauen, die über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus die SPD-Frauenbewegung repräsentieren. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen, u.a. das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland.
In Oldenburg wurde die Hauptgeschäftsstelle des Bezirksverbandes Weser-Ems  der AWO in Elisabeth-Frerichs-Haus umgenannt.

An der Margarete-Gramberg-Straße begrüßte Herr Schütz Anwohner und die Kreisvorsitzende der FDP, Frau Dr. Christiane Ratjen-Damerau, die den Werdegang von Margarete Gramberg schilderte.
Margarete Gramberg wurde 1895 geborgen und starb 1968 in Oldenburg. Sie war Schülerin der Cäcilienschule und später in einem Internat in London. Sie war ausgebildete Rotkreuzschwester und übte diesen Beruf einige Jahre aus. 1916 heiratete sie den Arzt Johannes Gramberg. Sie war von 1928 bis zur Auflösung 1933 Parteimitglied der Deutschen Volkspartei (DVP) und Mitglied im Stadtrat von Oldenburg. 1933 gab sie ihr Mandat auf Druck der NSDAP auf und arbeitete fortan in der Evangelischen Frauenarbeit.
1946, nach Ende des Zweiten Weltkrieges, war sie Mitbegründerin der Freien Demokratische Partei (FDP) in Oldenburg. Im Kreisverband Oldenburg-Stadt war sie stellvertretende Parteilvorsitzende. Von 1946 bis 1948 war sie Mitglied des Rates der Stadt Oldenburg. Sie war eine der Mitbegründerinnen der Frauenarbeit in Oldenburg. Ab 1955 war sie Senatorin im Verwaltungsausschuss um am 6.Mai 1955 nach der Landtagswahl zog sie in den Niedersächsischen Landtag ein. Sie gehörte ihm bis zum 5.Mai 1959 an.
Margarete Gramberg engagierte sich ab 1954 auch als Sozialrichterin, gehörte zum Vorstand der Oldenburger Bürgervereine und war sowohl auf örtlicher wie auf Landesebene in vielen kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und Frauen-Verbänden tätig.
Sie erhielt 1960 als einer der ersten Frauen der Region das Bundesverdienstkreuz 1.Klasse.