1. Bürgerführung Friedrich-August-Viertel

Bewohner des Viertels nennen ihn kumpelhaft „Fidi“. Wer nicht in Bürgerfelde lebt, wird rätseln, wer denn dieser „Fidi“ wohl sein mag. Sein offizieller Name: Friedrich-August-Platz. Das Besondere: Die Wohnbebauung rund um den „Fidi“ und in den angrenzenden Straßen. Und deshalb war das „Friedrich-August-Viertel“ auch Ziel der ersten Bürgerführung der Oldenburger Bürgerstiftung in diesem Jahr.

Der ehemalige Denkmalschützer der Stadt Oldenburg, Friedrich Precht, sowie der frühere Oberbürgermeister und jetzige Vorsitzende der Bürgerstiftung, Dietmar Schütz, hatten dazu eingeladen. Zunächst ging’s in die Niedersächsische Landwirtschaftskammer (Baujahr 1910/1911), die in ein Ensemble historisch interessanter Häuser eingebettet ist. Hans Joachim Harms, Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer, führte durch die edel gestalteten Büroräume, die das Flair der damaligen Handwerkskunst verkörpern. Alte Wappen zieren die großen Fenster im Präsidentenzimmer. Im großen Sitzungssaal sieht man ein deckenhohes Konterfei vom letzten regierenden Großherzog Friedrich August (1852- 1931) als Glasmalerei.

Tendenz zum Jugendstil

„Die Siedlung am Friedrich-August-Platz stellt aus heutiger Sicht ein gelungenes Wohnungsbauprojekt in verdichteter Bauweise und sparsamen Flächenverbrauch dar“, sagte Friedrich Precht. Die aneinandergrenzenden Gärten und großen, durchgrünten Blockinnenbereiche bestimmen das Bild dieses Stadtviertels. Stadtbaumeister Carl Franz Noack (1855-1945) hat den Bebauungsplan 1898 aufgestellt. Der „Geheime Baurath“ Hermann Josef Stübben (1845-1936) aus Köln hatte leichte Änderungen vorgeschlagen. In der Hochhauser Straße wurden zweigeschossige Häuser mit Souterrain-Geschoss und unterschiedlichen Dachformen gebaut. „Im Stil des späten Historismus mit Tendenz zum Jugendstil“, so Precht.

Die 1921 gegründete Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft (GSG) ging neue Wege der Bebauung. Nach einer Planänderung ist 1922 bis 1924 die Einfamilienreihenhausbebauung mit Mietwohnungen errichtet worden. An der Lothringer-, Elsässer-, Von-Berger-, Von-Finckh-, und Metzer Straße weisen sie Parallelen zur Gartenstadt Hellerau bei Dresden auf. Zur Siedlung gehören auch die 1925 bis 1929 und zum Teil 1935 bis 1937 erbaute Wardenburgstraße und die eindrucksvolle Bebauung des Viertelkreisbogens der Noackstraße aus den Jahren 1929/1930. Die städtebauliche Planung und die Entwürfe der Haustypen fertigte der Architekt Otto Katzmann an. Er war von 1921 bis 1926 Geschäftsführer der GSG. Der Volksmund sprach von „Katzmannshausen“.

Heute sehr begehrt

Die Architektur fand damals nicht die volle Zustimmung in der Bevölkerung, während sie heute sehr begehrt ist. „Die städtebauliche Struktur kann man durchaus noch als intakt bezeichnen“, sagt Precht. Als Denkmalschützer fallen ihm eben starke Veränderungen auf, die zum Beispiel bei den Fenstern, den Türen und den Dacheindeckungen vorgenommen worden sind. „In Zukunft sollte vielleicht das Verlangen nach Individualität bei Umgestaltung zurückgestellt werden“, wünscht er sich.

 

Quelle: NWZ vom 07.06.2018