Offizielle Übergabe der ersten Erinnerungszeichen im Beisein eines ganz besonderen Gastes

Der 15. November 2021 war ein denkwürdiger Tag für die jüdische Oldenburger Familie Goldschmidt: Denn das erste Erinnerungszeichen für Opfer der NS-Verbrechen ist vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie in der Gartenstraße 34 eingeweiht worden. Im Beisein von Martin Goldsmith, Enkel des Oldenburgers Alex Goldschmidt, fand zuvor im Alten Rathaus ein Empfang mit Oberbürgermeister Jürgen Krogmann sowie Dietmar Schütz, unserem Vorsitzenden, statt. Dabei trug sich der Amerikaner ins Gästebuch der Stadt ein. Stadtrat Thomas Lechner nahm in Vertretung von Oberbürgermeister Dieter Reiter für die Landeshauptstadt München an der Veranstaltung teil. München war bundesweit die erste Stadt, die diese Erinnerungszeichen aufstellte.

Über die Familie Goldschmidt
Alex Goldschmidt wurde 1879 in Sachsenhagen geboren und starb in Ausschwitz. Der Kaufmann führte seit 1911 in der Oldenburger Innenstadt ein renommiertes Modegeschäft. Zwischen 1914 und 1918 kämpfte er im 1. Weltkrieg. 1938 wurde er erstmals verhaftet und kam im August 1942 ins KZ Ausschwitz, von wo er nie wieder zurückkehrte. Sohn Günther spielte von 1934 bis 1941 als Flötist im Orchester des Jüdischen Kulturbundes, bevor er in die USA fliehen konnte. Dort erblickte sein Sohn Martin Goldsmith 1952 das Licht der Welt.

Über die Erinnerungszeichen
In München werden seit 2018 Erinnerungszeichen an den einstigen Wohnorten von Menschen angebracht, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Sie befinden sich auf Augenhöhe der Betrachterinnen und Betrachter, und es gibt sie in zwei Ausführungen: als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Die Stadt Oldenburg hat sich, nach Ingolstadt, bundesweit als dritte Stadt dazu entschlossen, künftig diese individuellen Erinnerungszeichen für Opfer der NS-Verbrechen in der Stadt zu platzieren. So genannte „Stolpersteine“ sollen dann nur auf ausdrücklichen Wunsch der Hinterbliebenen als Alternative verlegt werden. Die künftige Lösung hatte sich die jüdische Gemeinde als besten Weg des Erinnerns gewünscht. In Oldenburg werden wir die Erinnerungszeichen mit der Stadt und in enger Zusammenarbeit mit Werkstattfilm errichten.

Hervorzuheben ist in Oldenburg die besondere Teilhabe der Bürger. Denn durch Spenden finanzieren wir diese Erinnerungszeichen. Aber auch Vorschläge für weitere Erinnerungszeichen können gemacht werden. Nur mit der Verantwortung und dem Engagement der Zivilgesellschaft kann das Fundament für eine hassfreie Gesellschaft gelegt werden.

Start des Projekts „Erinnerungszeichen – Erinnern auf Augenhöhe“

Die Stadt Oldenburg hat im Gegensatz zu vielen anderen Städten Deutschlands auf die Installation von sogenannten „Stolpersteinen“ an den letzten Wohnorten der in der NS-Zeit verfolgten ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger verzichtet. Dies geschah vor allem aus Rücksicht auf die jüdische Gemeinde in Oldenburg, die ein Betreten und Verschmutzen der in den Gehweg eingelassenen Steine ablehnt. Diese Position hat die jüdische Gemeinde nach internen Diskussionen immer aufrechterhalten und teilt sie noch heute. Dennoch gibt es bereits vier Standorte mit Stolpersteinen in Oldenburg, die in der Vergangenheit auf private Initiative entstanden sind.

München hat in der Erinnerungskultur einen eigenen Weg beschritten: An jenen Orten, an denen Menschen lebten und wirkten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden, werden seit 2018 Erinnerungszeichen auf Augenhöhe angebracht. Entworfen wurden die Erinnerungszeichen von stauss processform GmbH, Prof. Kilian Stauss. Es gibt sie in zwei Ausführungen: als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – auch Bilder.

In Oldenburg hat man sich nun dazu entschieden, ebenfalls auf die Erinnerungszeichen als Form des Gedenkens an die Opfer der NS-Verbrechen zu setzen. Nach unserer Kontaktaufnahme mit den zuständigen Stellen in München haben Oberbürgermeister Dieter Reiter und Oberbürgermeister Jürgen Krogmann vereinbart, die in München etablierten Erinnerungszeichen auch in Oldenburg zu installieren. Oldenburg ist damit nach München und Ingolstadt die dritte Stadt, in der Erinnerungszeichen entstehen.

Jürgen Krogmann, Oberbürgermeister der Stadt Oldenburg: „Mit der Installation von Erinnerungszeichen statt Stolpersteinen als Mahnmale für NS-Opfer folgen wir vor allem dem Wunsch der jüdischen Gemeinde in Oldenburg. Diese neue Form des Erinnerns und Begegnens auf Augenhöhe ist mehr als nur ein symbolischer Akt. Sie teilt das Schicksal der Verfolgten und Ermordeten auf eine besonders ehrenvolle Weise in unserer Innenstadt. Die geplante Website über das Leben und Wirken der Opfer trägt die Erinnerung zusätzlich virtuell an die Menschen heran, um so zusätzlich gegen das Vergessen anzukämpfen.“

Dieter Reiter, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München: „Seit 2018 gedenken wir in München mit den Erinnerungszeichen an jene Frauen, Männer und Kinder, die zwischen 1933 und 1945 dem nationalsozialistischen Terrorregime zum Opfer fielen. Inzwischen gibt es bei uns über 100 Erinnerungszeichen. Mit ihnen begegnen wir den Menschen auf Augenhöhe und von Angesicht zu Angesicht. Ich freue mich sehr darüber, dass nun auch die Stadt Oldenburg Erinnerungszeichen für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft setzt und die Erinnerungszeichen über die Grenzen Münchens hinaus immer weitere Verbreitung finden.“

In Oldenburg werden die Erinnerungszeichen von der Stadt und der Oldenburger Bürgerstiftung in enger Zusammenarbeit mit Werkstattfilm errichtet. Dabei wird die Stiftung mit Unterstützung der Oldenburger Bürgerinnen und Bürger die Anfertigung der Erinnerungszeichen finanzieren, während die Stadt die Aufstellung und Anbringung übernimmt und für den Erhalt der Erinnerungszeichen sorgt.

Unter www.erinnerungszeichen-oldenburg.de werden wir zusammen mit Werkstattfilm eine weiterführende Website zu Leben und Wirken der Menschen aufbauen, die mit den Erinnerungszeichen gewürdigt werden.

Die Erinnerungszeichen für die Familie Goldschmidt werden am 15. November im Beisein von Martin Goldschmidt, des Enkels von Alex Goldschmidt, an die Öffentlichkeit übergeben. An der Gedenkveranstaltung mit Oberbürgermeister Jürgen Krogmann und unserem Vorsitzenden Dietmar Schütz nimmt auch Stadtrat Thomas Lechner in Vertretung von Oberbürgermeister Dieter Reiter für die Landeshauptstadt München teil.